Das World Magnetic Model 2020.
Illustr.: NOAA/British Geological Survey

Damit moderne Navigationssysteme, Googlemaps in Smartphones und Auto-Navis einwandfrei arbeiten, müssen sie auf das aktuell gültige globale Magnetfeldmodell abgestimmt sein. Die letzte Version dieses Modells erschien 2015 und sollte ursprünglich noch bis 2020 gültig sein – doch dem ist nicht so: Das Erdmagnetfeld ist im Aufruhr und veränderte sich zuletzt wesentlich schneller als vermutet. Mitte der 1990er-Jahre beschleunigte sich seine Wanderung von ursprünglich zehn auf 55 Kilometer pro Jahr. 2001 befand sich der Magnetnordpol im Arktischen Ozean, mittlerweile aber hat er die Datumsgrenze überschritten und ist auf dem Weg nach Sibirien. Die Ursachen für das magnetische Chaos sind nach wie vor nicht ganz klar.

Sibirien gewinnt

Forscher vermuten, dass diese rasanten Bewegungen mit Hochgeschwindigkeitsströmungen aus flüssigem Eisen unter Kanada zusammenhängen. Die Lage des nördlichen Magnetpols scheint dabei von zwei großen Magnetfeldpunkten bestimmt zu werden, einem unter Kanada und einem unter Sibirien. Mittlerweile scheint es, als gewinne der sibirische Fleck.

Dass eine vollständige Umkehrung des Erdmagnetfeldes unmittelbar bevor steht, ist laut Studien der vergangenen Jahre freilich nicht zu erwarten. Immerhin ziehen sich solche Polsprünge über mehrere tausend Jahre hin. Dennoch wirken sich kleinere unvorhersehbare Änderungen über deutlich kürzere Zeiträume ebenso auf die Navigation aus. Deshalb aktualisieren Wissenschafter des British Geological Survey und der Nationalen Zentren für Umweltinformationen der NOAA alle fünf Jahre das World Magnetic Model (WMM). Nun war es wieder so weit.

Die Veränderungen des magnetischen Nordpols seit 1590.
Illustr.: Cavit

Leicht verlangsamte Wanderung

Die aktuelle WMM-2020-Version prognostiziert, dass der magnetische Nordpol weiter in Richtung Sibirien driften wird, allerdings mit langsam abnehmender Geschwindigkeit. Inzwischen wandert er mit einem Tempo von rund 40 Kilometer pro Jahr "Es ist dennoch die höchste Geschwindigkeit einer Verschiebung seit Mitte des 16. Jahrhunderts", sagte Ciaran Beggan, Geophysiker beim British Geological Survey. "Magnetische Aufzeichnungen zeigen, dass der nördliche Magnetpol zwischen 1590 und 1990 kleinräumig auf kanadischem Gebiet umhergewandert ist. In den letzten 30 Jahren hat er sein Tempo aber plötzlich von weniger als zehn Kilometer pro Jahr auf fast 60 Kilometer pro Jahr erhöht"

Die Geschwindigkeit, mit der der magnetische Nordpol seit 1900 umherwandert.
Grafik: Cavit

Auf der gegenüberliegenden Seite des Planeten hat sich der südliche Magnetpol jedoch weiterhin sehr langsam bewegt und ist im gleichen Zeitraum im Küstenbereich der Antarktis geblieben, berichten die Forscher im jüngsten World Magnetic Model.

Rätselhafte Veränderungen

Was genau in den letzten 20 Jahren für die beispiellose Wanderbewegung des Erdmagnetfeldes verantwortlich ist, stellt die Geowissenschafter vor ein Rätsel. Anhaltspunkte gibt es allerdings: "Wir wissen, dass es unregelmäßige Veränderungen im flüssigen äußeren Kern des Planeten gibt und dass das Magnetfeld auch unter Kanada schwächer wird, aber das reicht noch nicht für eine vollständige Erklärung dafür aus, warum sich der magnetische Norden so schnell ändert", so Beggan. (tberg, 18.2.2020)