Ein Latexkleid, weiß, hauteng über der muskulösen Brust sitzend, dazu ein Tattoo auf dem Rücken: Im vergangenen Jahr führte Conchita Wurst vor, dass für eine eigenwillige Interpretation des Opernball-Dresscodes durchaus Platz ist. Nur ein paar FPÖ-Politiker wollten sich nicht mit Tom Neuwirths "Weißwurstkostüm" abfinden – als ob Frack und "bodenlang" auf dem glamourösesten Teppich Österreichs vor Fehltritten bewahrten!

Der wahrscheinlich fortschrittlichste Opernball-Auftritt der vergangenen Jahre: Tom Neuwirth alias Conchita Wurst 2019 in einem hautengen, tief ausgeschnittenen Kleid des Wiener Designers Juergen Christian Hoerl.
Foto: Christian Fischer

In diesem Jahr aber dürfte, toi, toi, toi, nicht allzu viel schiefgehen. Das heurige Motto des Opernballs ("Die Königin der Nacht") kommt immerhin einer Verheißung gleich: Einmal im Leben die modische Hoheit innehaben, träumt davon nicht jeder weibliche Ballgast?

Die Moderatorinnen des ORF geben sich jedenfalls alle Mühe, mit gutem Beispiel voranzugehen. Sie mimen in ihren schimmernden Roben die "drei Engel für den öffentlichen Rundfunk": Teresa Vogl bestreitet ihr Opernballdebüt in französischer Spitze der Wiener Designerin Anelia Peschev, Kristina Inhof tritt in einem Mermaid-Kleid von Erika Suess auf, und Mirjam Weichselbraun-Mawson wird mit ihrem goldenen Kleid von Susie Caves Label The Vampire's Wife ihr internationales Format unterstreichen.

"Drei Engel für den ORF", die Moderatorinnen setzen in diesem Jahr auf internationale wie heimische Entwürfe, von links nach rechts: Teresa Vogl, Mirjam Weichselbraun, Kristina Inhof.
Foto: ORF/ Tomas Ramstorfer

Auch Alfons Haider legt sich modisch ins Zeug – mit dem Modell "Slimline" des Wiener Unternehmens Frack & Co. Karl Lagerfeld, der sich um die Jahrtausendwende mit seiner "3-D-Diät" in die Dior-Anzüge des Designers Hedi Slimane hungerte, hätte sicherlich seine helle Freude an der österreichischen Auslegung der Slim-Fit-Silhouette gehabt.

Alfons Haider (Mitte) moderiert in einem Frack der Wiener Firma Frack & Co.
Foto: APA/THOMAS RAMSTORFER

Und die Opernball-Organisatorin Maria Großbauer? Sie will den unzähligen Königinnen auf dem Red Carpet im Jahr ihres Abschieds in nichts nachstehen. Das Kleid der Superlative des vergangenen Jahres (15 Lagen Tüll, 1.400 applizierte Blüten, zehn Stunden Handarbeit, hergestellt im Atelier von Lena Hoschek) muss schließlich getoppt werden.

Modischer Gruß aus dem Jahr 2019: Während Staatsoperndirektor Dominique Meyer und Life-Ball-Organisator Gerry Keszler in Frack und Orden kamen, trug Ball-Organisatorin Maria Großbauer eine Tüll-Robe aus dem Atelier von Lena Hoschek.
Foto: APA/HELMUT FOHRINGER

Großbauer wird erst in einem Kleid auftreten und sich dann kurz vor Mitternacht mit einem Saxofon-Ständchen in einem Frack verabschieden – Zeit wurde es! Auch wenn die Café-Korb-Inhaberin Susanne Widl ihren Auftritt in Schwarz-Weiß schon vor zwanzig Jahren um einiges konsequenter angegangen ist: Sie verstand ihren Anzug als emanzipatorisches Statement.

Susanne Widl 1980 auf dem Opernball.
Franz Schubert

Richard Lugner hat übrigens mit dem Chaos um seinen diesjährigen Opernball-Stargast (nach langem Hin und Her lässt sich Ornella Muti einladen, ein Kleid bringt sie mit) wahrscheinlich einfach nur gekonnt von seinem eigenen Aufzug abgelenkt: Der Baumeister muss sich diesmal Frack, Lackschuhe und Zylinder neu besorgen.

Elle MacPherson erschien im vergangenen Jahr in einem schwarzen Spitzenkleid des britischen Labels Nevana, da konnte Richard Lugner nur den Zylinder ziehen.
Foto: APA/HELMUT FOHRINGER

Das Outfit des Vorjahres trägt nämlich jemand anders: Sein wächsernes Ebenbild bei Madame Tussauds im Wiener Prater. (Anne Feldkamp, 20.2.2020)