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Frauen, die in einem der Frauenhäuser Schutz vor gewalttätigen Männern suchen, brauchen immer mehr Betreuung, sagten die Leiterinnen der Salzburger Häuser. Die Neuausschreibung bringe Unsicherheit.

Foto: dpa/Stephanie Pilick

Salzburg – In Hallein und Salzburg ist man noch im Schockzustand. Am Montag hat die zuständige Landesrätin Andrea Klambauer (Neos) den beiden Frauenhäusern mitgeteilt, dass sie in den nächsten zwei bis drei Wochen die Leistungsverträge für 2021 neu ausschreiben werde. "Im Endeffekt ist das gleichbedeutend mit der Schließung der Häuser in Zeiten von steigenden Frauenmorden", sagt Doris Weißenberger, die seit 19 Jahren das Haus Mirijam in Hallein leitet. Die motivierten Mitarbeiterinnen, die seit Jahren für die Frauen da sind, würden sich neue Jobs suchen.

"Es bringt wahnsinnig viel Unsicherheit. Der Fortbestand der Häuser wird infrage gestellt", ergänzt die Geschäftsführerin des Salzburger Frauenhauses Birgit Thaler-Haag. Das Frauenhaus in Salzburg leiste seit 30 Jahren gute Arbeit und habe hohe Qualitätsstandards. "Warum muss man das zerschlagen? Wir bräuchten die Ressourcen auf anderen Ebenen", betont die Leiterin. So seien die Fälle etwa immer komplizierter, die Frauen psychisch immer labiler und bräuchten viel Betreuung.

Neuausrichtung der Frauenhäuser

Klambauer sagt zum STANDARD, es werde eine EU-weite Ausschreibung für einen dreijährigen Leistungsvertrag geben. "Es geht nicht darum, dass wir Geld sparen, sondern darum, auch den Lungau und den Pongau besser abzudecken", betont die Landesrätin. Dort sollen sogenannte Schutzwohnungen entstehen, die vom neuen Träger dann mitbetreut werden sollen. Die Landesrätin will, dass sich das Angebot der Frauenhäuser ändert. Ziel sei es, dass die Frauen im häuslichen Umfeld bleiben, durch Wegweisungen von gewalttätigen Männern. Die Frauenhäuser sollen vermehrt auch Beratungen anbieten. "Das hat nicht so funktioniert, wie ich mir das erwarten würden", sagt Klambauer.

Dem widersprechen die Leiterinnen der Frauenhäuser Hallein und Salzburg energisch. Natürlich bieten die Frauenhäuser auch 24 Stunden über Beratungen an. Viele Frauen nutzen dies auch und kommen für Gespräche vorbei. Für die aufsuchende Beratung von Frauen, die ein Betretungsverbot erwirkt haben, sei aber das Gewaltschutzzentrum zuständig.

Der Neuausschreibung geht freilich ein länger schwelender Konflikt zwischen Land und Trägern voraus. Die Landesrätin ärgert sich etwa über Dinge, die sich über die letzten Jahrzehnte eingebürgert hätten. Es dürfen aus dem Budget der Frauenhäuser etwa keine Geldleistungen bezahlt werde, wenn Frauen keinen Anspruch auf Mindestsicherung haben, nennt Klambauer ein Beispiel.

Bürokratie und unhaltbare Transparenz

Die Frauenhäuser wiederum kritisieren den Versuch eines komplett transparenten Frauenhauses. "Das Land verlangt eine volle Namensnennung der Frauen und Informationen über Inhalte der Dolmetschergespräche, damit die Kosten übernommen werden – das sind rote Linien", betont die Leiterin des Salzburger Frauenhauses. "Die Frauen tun sich bereits schwer, das Haus aufzusuchen, und dann werden sie zum gläsernen Menschen, ohne einen Mehrwert für das Land."

"Wir ersticken in Bürokratie", ergänzt Weißenberger. Die Überprüfungen hätten bereits unhaltbare Auswüchse. Etwa sei jemand zur Kontrolle gekommen, weil es die Information gab, eine Frau, die nicht von Gewalt betroffen sei, würde im Frauenhaus unterkommen. "Der Informant war der Gewalttäter, und wir mussten kämpfen, dass sie die Anamnesen nicht durchwühlen", kritisiert die Leiterin des Frauenhauses Hallein.

Standort der Frauenhäuser noch offen

Die beiden Frauenhäuser werden nun prüfen, ob es für sie überhaupt rechtlich möglich sei, sich für die Neuausschreibung zu bewerben, sagt Birgit Thaler-Haag. Das sei nicht so einfach, weil es derzeit zwei verschiedene Träger seien. Auch sei unklar, wie es in Hallein weitergehen soll, wo die Pfarre das Haus kostenfrei zur Verfügung gestellt hat.

Landesrätin Klambauer sagt, die Ausschreibung sei ergebnisoffen. Mit einem guten Konzept könne auch einer der beiden bisherigen Träger weitermachen. Als Land ein neues Haus zu kaufen, wie zuletzt im Pinzgau, sei kein Thema. Aber das Konzept der bekannten Adresse könne auch an den neuen Standorten umgesetzt werden. Wo die Frauenhäuser in Salzburg und in Hallein dann untergebracht werden, komme auf die Trägerkonzepte an. (Stefanie Ruep, 19.2.2020)