Möglichst wenig kostbare und teuer bezahlte Arbeitszeit vergeuden: Das ist der Wunsch vieler Arbeitgeber an ihre Angestellten. Deshalb tüfteln viele Unternehmen, wie sie die Produktivität ihrer Mitarbeiter erhöhen können. Sie überwachen beispielsweise, wie lange ihre Angestellten für eine Aufgabe benötigen, wie oft sie miteinander private Gespräche führen oder wie häufig jemand auf die Toilette geht.

Überhaupt ist die Toilettenpause vielen Arbeitgebern ein Dorn im Auge. Denn immerhin zählt sie zur Arbeitszeit und sollte so kurz wie möglich gehalten und nicht unnötig verlängert werden, um Twitter-Feeds zu lesen oder private Telefonate zu führen. Letzteres tun aber viele Mitarbeiter – auch um einmal eine kurze Pause für sich allein zu haben.

Das britische Start-up Standard Toilet will nun eine Lösung gefunden haben, wie Angestellte schnell wieder zum Arbeitsplatz flüchten. Die Firma hat sich Ende des Vorjahrs eine Toilette patentieren lassen, die so unbequem ist, dass Mitarbeiter weniger Arbeitszeit auf dem WC verbringen. Der Toilettensitz ist nämlich um bis zu 13 Grad nach vorne geneigt, wodurch bereits nach wenigen Minuten ein Druck wie bei einer leichten Kniebeuge entstehe, sagt Gründer Mahabir Gill dem Magazin "Wired". "Alles, was steiler ist, würde größere gesundheitliche Probleme verursachen. 13 Grad sind nicht zu unbequem, aber Sie werden schnell wieder vom Sitz herunterkommen wollen", sagt Gill.

Auf Twitter führte die geneigte Toilette zu Spott und Kritik.

Das Potenzial der neuen Toilette soll enorm sein. Auf ihrer Webseite behauptet die Firma, dass allein in Großbritannien ausgedehnte Klopausen die Arbeitgeber knapp fünf Milliarden Euro pro Jahr kosteten. Durchschnittlich zehn Minuten würden Arbeitnehmer täglich auf der Toilette verbringen, durch die geneigte Toilette könne sich die Dauer um 25 Prozent verkürzen. So könne man Effizienz und Profit erhöhen und gleichzeitig die Social-Media-Nutzung reduzieren, verspricht das Unternehmen.

Kontrolle heißt nicht gleich mehr Produktivität

Viele Arbeitgeber erhoffen sich von der strikten Überwachung ihrer Mitarbeiter mehr Produktivität. Besonders aus den USA sind Fälle bekannt, mit denen Gänge auf die Toilette reduziert werden sollten: So durften Arbeiter der Geflügelfabrik Tyson zeitweise nicht aufs WC gehen – aus Angst vor "Zeitdiebstahl". Sie waren gezwungen, in Windeln zur Arbeit zu kommen oder sich einzunässen. Und laut Medienberichten urinierten in einem britischen Amazon-Lager die Mitarbeiter in Flaschen, um auf Pausen zu verzichten – aus Angst, wegen zu vieler Leerlaufzeiten ihren Job zu verlieren. Denn: Jeder ihrer Arbeitsschritte wird von einem Handscanner und Kameras überwacht.

Dabei zeigen Studien, dass Beschäftigte besonders dann gute Arbeit leisten, wenn sie nicht minutiös kontrolliert werden. Überwachung am Arbeitsplatz erhöht den Stress und senkt die Jobzufriedenheit – Faktoren, die der Leistung und Kreativität schaden.

Auf Twitter sorgte die geneigte Toilette für Kritik. Und in einem Artikel der "Huffington Post" sagt etwa Jennifer Kaufmann-Buhler, Assistenzprofessorin für Design an der Purdue University in Indiana: "Ich denke, es ist eine sehr kapitalistische Mentalität, dass die Körper der Menschen und ihre Probleme und Grenzen dem modernen Kapitalismus Unannehmlichkeiten bereiten, weil man um jeden Preis produktiv sein will." (set, 19.2.2020)