Die Gewerkschaften wettern in einer Tour gegen die Arbeitgeber in der Pflege- und Sozialwirtschaft. Man wirft ihnen Gesprächsverweigerung, Ausbeutung und noch unschönere Dinge vor. Nun könnte man argumentieren, dass Opposition zu Unternehmern die ureigenste Aufgabe einer Gewerkschaft darstellt. Bei nüchterner Betrachtung jedoch wird schnell ersichtlich, wie sinnlos es ist, die Pflegeorganisationen für die unwürdigen Arbeitsbedingungen verantwortlich zu machen.

Was sollen die Arbeitgeber denn tun? Die Kalkulation in der Branche ist knapp bemessen, dementsprechend klein ist der Spielraum für Verbesserungen. Volkshilfe und Co hängen letztendlich am Finanzierungstropf des Staates. Die Politik aber übt sich bei der (Unter-)Finanzierung der Pflege seit jeher wahlweise im Wegschauen oder im Verkaufen von Kleinklein-Lösungen als "großem Wurf". An einem sachlichen, großen Wurf ist man dort nicht interessiert. Lieber verstrickt man sich in ideologische Grabenkämpfe.

Die Pflege- und Sozialarbeiter streikten in den letzten Wochen für kürzere Arbeitszeiten.
Foto: APA/GEORG HOCHMUTH

Ein Blick auf die Rechnungshofberichte würde den Parteien dabei nicht schaden. Der kritisierte mit Blick auf die Pflegefinanzierung 2010 die überbordenden Verwaltungskosten und forderte 2017 eine Grundsatzentscheidung. Beide Berichte verschwanden im Papierkorb der Parteizentralen. Wo kämen wir denn hin, würde die Politik den Rechnungshof ernst nehmen?

Wollen die Arbeitnehmer also – zu Recht – humanere Arbeitsbedingungen, brauchen die Arbeitgeber zunächst mehr Geld vom Staat. Statt sich also alljährlich um den viel zu kleinen Kuchen, den die Politik der Pflege hinwirft, zu streiten, sollten Unternehmen und Arbeitnehmer gemeinsam um ein größeres Backwerk kämpfen. Es braucht einen Schulterschluss zwischen Gewerkschaft und Arbeitgebern: gegen die Reformunfähigkeit und den falschen Geiz der Politik in der Pflegefrage. (Tobias Kachelmeier, 18.2.2020)