Die Europäische Union führt eine schwarze Liste mit Steueroasen. Und die wird immer länger. Am Dienstag etwa haben die EU-Finanzminister Panama und die Seychellen neu auf den Index gesetzt – sowie die Caymaninseln. Das ist konsequent, wenn man den neuen Schattenfinanzindex des Tax Justice Networks (TJN) als Maßstab nimmt. Dieser ist nämlich ebenfalls am Dienstag erschienen und in ihm werden die Caymaninseln zum ersten Mal als Nummer eins aller Steueroasen auf dem Planeten gelistet. Gleich hinter dem britischen Überseegebiet im Süden Kubas liegt auf dem Schattenfinanzindex jedoch ein Land, das in der europäischen Liste fehlt: die USA. Die größte Volkswirtschaft der Welt liegt an zweiter Stelle, gefolgt vom bisherigen Spitzenreiter, der Schweiz.

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Nicht auf Europas schwarzer Liste: die USA.
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Dass gerade die USA illegale Finanzströme in großem Stil anlocken, ist laut TJN-Analysten bedenklich. "Entgegen allen Versprechen ist es weiterhin möglich, gestohlenes Geld in den Vereinigten Staaten zu parken", heißt es vonseiten der auf Steuerthemen spezialisierten NGO. Zudem verweigern die USA die Teilnahme am automatischen Informationsaustausch der Steuerbehörden, beklagt man bei TJN. Das sei insofern relevant, da mehr als ein Fünftel der weltweiten Offshore-Geschäfte über die USA laufen.

Für den Schattenfinanzindex haben die TJN-Experten 133 Länder genau unter die Lupe genommen und nachgeschaut, wie es beispielsweise um das Bankgeheimnis steht, ob Firmenbücher zugänglich sind und ob Staaten im Kampf gegen Steuerhinterziehung kooperieren.

USA misst mit zwei Maßen

Dass die US-Staaten Delaware und Nevada in einem Atemzug mit Steuerparadiesen wie den Caymaninseln oder Guernsey genannt werden, ist an sich nicht neu. Die beiden US-Staaten locken mit besonders laxen Gesetzen für Unternehmen. Konstruktionen wie Briefkastenfirmen, mit deren Hilfe die wahren Eigentümer von Unternehmen verborgen bleiben, florieren. Die TJN-Analysten führen die Steuerparadiese in Nevada und Delaware auf den Steuerwettbewerb zwischen den US-Bundesstaaten zurück. Wohl auch deshalb unternimmt Washington nichts gegen Steueroasen im eigenen Land.

Das heißt aber nicht, dass die Vereinigten Staaten Steueroasen grundsätzlich gutheißen. Der amerikanischen Regierung kann man in der Thematik durchaus Doppelmoral vorwerfen: Denn während die USA sich weigern, gegen eigene Steueroasen vorzugehen, wollen sie anderen Steuerparadiesen an den Kragen.

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US-Bürger sollen daran gehindert werden, ihr Geld am Fiskus vorbei aus dem Land zu schaffen. Gleichzeitig sollen Ausländer weiterhin ihr Geld in den Staaten parken. Steueroasen austrocknen und gleichzeitig Steuerparadies bleiben – das funktioniert in den USA nach frei nach dem Motto "Unwissenheit schützt". Deshalb sieht das US-Gesetz nicht vor, dass ausländische Finanzinstitute sämtliche Einkommen in den USA an den amerikanischen Fiskus berichten müssen. So würden nämlich nicht nur unversteuerte Einnahmen von US-Bürgern aufgedeckt, sondern auch illegale Einnahmen von Ausländern etwa durch Briefkastenfirmen in Delaware. Hat der Staat einmal Informationen über ausländische Steuerhinterzieher, dürfte der Druck größer werden, diese auch preiszugeben.

Vielmehr sieht das US-Gesetz – vereinfacht gesagt – vor, dass Banken bzw. Firmen nur Informationen über Personen, die in den USA leben, melden müssen. Nicht aber, wer letztlich die Gewinne von Briefkastenfirmen einsackt. Der europäische Besitzer einer amerikanischen Briefkastenfirma ist da fein raus, wenn diese auf dem Papier beispielsweise von US-Anwälten geführt wird.

Österreich nicht so super

Die TJN-Experten haben sich freilich auch Österreich angeschaut, und sie stellen dem Land kein gutes Zeugnis aus. Den größten Verbesserungsbedarf gebe es bei der Transparenz von Eigentum und Unternehmen. Allerdings schneidet Österreich bei der internationalen Zusammenarbeit und beim automatischen Datentausch gut ab. Unterm Strich steht Platz 36 im internationalen Vergleich. (Aloysius Widmann, 18.2.2020)