Bei Beleidigungen und übler Nachrede sollen Betroffene selbst entscheiden, ob es zur Strafverfolgung kommt.

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Wer im Netz mit Mord oder Vergewaltigung droht, soll in Deutschland künftig deutlicher härter bestraft werden als bisher. Der Gesetzentwurf gegen Hasskriminalität, der am Mittwoch im Kabinett beraten werden soll, sieht eine Verdreifachung des Strafrahmens von einem auf drei Jahre vor.

Schwere Fälle von Hasskriminalität sollen künftig der neuen Zentralstelle beim deutschen Bundeskriminalamt (BKA) gemeldet werden. Künftig sind auch Drohungen mit sexuellen Übergriffen, Gewalttaten und erheblichen Sachbeschädigungen erfasst – etwa die Drohung, das Auto anzuzünden. Hier ist das Strafmaß bei öffentlichen Drohungen im Netz bis zu zwei Jahre Freiheitsstrafe.

Bußgelder bis zu 50 Millionen Euro

Die Netzwerkbetreiber müssen dem AFP vorliegenden Entwurf zufolge künftig schwere Straftaten wie Morddrohungen, die Belohnung und Billigung von Delikten sowie Volksverhetzung und Gewaltdarstellungen melden müssen. In dem Entwurf, über den auch die Zeitungen der Funke Mediengruppe berichteten, wird von 250.000 gemeldeten Fällen pro Jahr ausgegangen.

Bei Delikten wie Beleidigung oder übler Nachrede soll es den Betroffenen überlassen bleiben, ob sie eine Strafverfolgung wünschen. Betreiber sozialer Netzwerke müssen künftig mit Bußgeldern von bis zu 50 Millionen Euro rechnen, wenn sie der geplanten Meldepflicht für strafbare Inhalte nicht nachkommen.

Besserer Schutz für Kommunalpolitiker

Zudem sollen bei der Strafzumessung antisemitische Motive des Täters ausdrücklich berücksichtigt werden. Der Strafrechtsparagraf 188 zur üblen Nachrede und Verleumdung gegen Personen des politischen Lebens wird dahin gehend verändert, dass er künftig "Politiker bis hin zur kommunalen Ebene" schützt, wie es im Gesetzentwurf heißt.

Darüber hinaus soll zukünftig das medizinische Personal in ärztlichen Notdiensten und in Notaufnahmen strafrechtlich in gleicher Weise geschützt sein wie Hilfeleistende der Feuerwehr, des Katastrophenschutzes oder eines Rettungsdienstes.

"Im Internet und insbesondere in den sogenannten sozialen Medien ist eine zunehmende Verrohung der Kommunikation zu beobachten", heißt es in dem Gesetzentwurf. "Dadurch wird nicht nur das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Betroffenen, sondern auch der politische Diskurs in der demokratischen und pluralistischen Gesellschaftsordnung angegriffen und in Frage gestellt." Dies könne "sogar dazu führen, dass sich Menschen vollständig aus dem öffentlichen politischen Diskurs zurückzuziehen".

Kritik von Grünen

"Die konkreten Regelungsvorschläge der Bundesregierung sind an zu vielen Stellen nur gut gemeint, aber nicht gut gemacht", sagte die Grünen-Politikerin Irene Mihalic am Dienstag der Nachrichtenagentur AFP in Berlin. Für die geplante Meldestelle im BKA müsse genau festgelegt werden, welche Vorgänge und mutmaßlichen Straftatbestände übermittelt werden müssen, wenn diese Stelle nicht chronisch überlastet sein solle.

Die deutsche Justizministerin Christine Lambrecht (SPD) hält das Gesetzespaket gerade nach der Inhaftierung von zwölf mutmaßlichen Rechtsterroristen für unabdingbar. "Der Fall zeigt erneut, wie Extremisten sich zusammenschließen, um Menschen in unserem Land und unsere Demokratie zu attackieren", sagte Lambrecht der Düsseldorfer "Rheinischen Post" vom Dienstag.

Nach heftiger Kritik von Datenschützern wurden in dem Gesetzentwurf die Regelungen zur Herausgabe von Passwörtern geändert. Die Weitergabe an die Strafverfolgungsbehörden soll nunmehr lediglich zur Verfolgung besonders schwerer Straftaten zulässig sein. Die Daten müssen von den Netzwerkbetreibern verschlüsselt gespeichert werden und dürfen auch nur so herausgegeben werden. (APA, 18.02.2020)