Bericht zu Justiz und Politik ist Fall für den Presserat.

Foto: fid

Der Österreichische Presserat wird sich mit Berichten von "Kurier" und "Oe24" über SPÖ-Versuche anno 1997 beschäftigten, mehr Sozialdemokraten in der Justiz unterzubringen. In den Berichten wurde die Leiterin der Staatsanwaltschaft Wien, Maria-Luise Nittel, falsch als Teilnehmerin eines SP-Strategietreffens 1997 und Beispiel genannt. Der Presserat bestätigt die Mitteilung darüber, nach STANDARD-Informationen wies das Justizministerium das Selbstkontrollorgan der österreichischen Presse darauf hin.

Unterwanderung

Das Protokoll über das Strategietreffen kursierte nach Kanzler Sebastian Kurz' zunächst in einem Hintergrundgespräch geäußerten Beschwerden über eine angeblich von der SPÖ unterwanderte Justiz.

Nittel klagt den "Kurier" wegen des Online-Artikels, der in der Nacht auf vorvergangenen Samstag von Richard Grasl, Mitglied der "Kurier"-Chefredaktion, verfasst wurde. Der Redakteursausschuss des "Kurier" protestierte in einer Stellungnahme an Chefredaktion und Geschäftsführung gegen den namentlich nicht gekennzeichneten, teils "tendenziös" formulierten Artikel; der Ausschuss verlangte ausdrücklich in der Protestnote, dass die jeweils zuständigen Ressortleiter und/oder ihre Stellvertreter von solchen Veröffentlichungen in ihrem Bereich informiert werden. DER STANDARD berichtete über die Vorfälle, die Protestnote und die Klage am vorigen Freitag.

"Wider besseres Wissen"

Von nächtlicher redaktioneller Unterwanderung keine Rede, versicherte "Kurier"-Chefredakteurin Martina Salomon inzwischen dem "Falter": "Selbstverständlich war alles mit mir abgesprochen und nichts erfolgte gegen den Willen des Ressorts. Bei der Online-Berichterstattung über das sogenannte Lansky-Protokoll konnte sich keiner der Dienst habenden an den neun Jahre zurückliegenden Gerichtsentscheid erinnern." Niemand habe "wider besseres Wissen" (Windhager) gehandelt, deshalb habe man die seinerzeitige Verfügung online auch gleich ergänzt.

Nittels Anwältin Maria Windhager kritisierte in dem STANDARD-Bericht, dass die Redaktion die Betroffene Nittel nicht vor Veröffentlichung kontaktiert habe. Und die Aussage "wider besseres Wissen" bezog sich wie berichtet auf die Reaktion des "Kurier", als das Justizministerium beziehungsweise Nittel ihn darauf aufmerksam machten, dass die Zeitung schon nach einer Klage Nittels 2011 eine Gegendarstellung veröffentlicht hat, dass Nittel eben nicht zu dem SPÖ-Strategietreffen bei Anwalt Gabriel Lansky eingeladen und dort auch nicht anwesend war.

Denn der "Kurier" ergänzte die sonst unveränderte Story daraufhin am vorvergangenen Samstag um einen Hinweis auf die Gegendarstellung samt Link und die Erklärung, dass Nittel die Teilnahme verneine. Das entspreche nicht den Anforderungen einer Richtigstellung. Nittel klagt deshalb nun auf Unterlassung und Widerruf. Windhager nannte das Dementi statt einer Richtigstellung einen "schwerwiegenden Verstoß gegen die journalistische Sorgfalt". Windhager: "Das habe ich in der Form noch nie gehabt, dass ein Medium wider besseres Wissen nicht die Wahrheit schreibt."

Auch "Oe24" veröffentlichte am Samstag ein Dementi Nittels, aber keine formelle Richtigstellung.

Presserat prüft anhand des Ehrenkodexes

Der Presserat beurteilt nun, ob und inwieweit die Veröffentlichungen von "Kurier" und "Oe24" den Ehrenkodex der österreichischen Presse verletzt haben. Der "Kurier" und "Österreich" (als Zeitung, nicht als Onlineportal) sind Mitglieder des Presserates. Sie müssten sie betreffende Entscheidungen des Selbstkontrollorgans veröffentlichen. (fid, 19.2.2020)