Es gibt zwar mehrere Konkurrenzprodukte auf dem Markt, dennoch setzen viele, die professionell Bilder bearbeiten, auf den Platzhirsch: Adobes Photoshop. Im Laufe der Jahre hat die Software massiv an Funktionen zugelegt und bietet mittlerweile Features wie die KI-gestützte Entfernung von Objekten mit automatischer Ergänzung des Hintergrunds.

Funktionen, von denen man in den Gründerjahren des Programms wohl nicht einmal zu träumen gewagt hat. Photoshop begeht offiziell seinen 30. Geburtstag und blickt zurück auf bescheidene Anfänge als Privatprojekt und eine Geschichte, die ihm ein eigenes Verb im Wörterbuch, aber auch so manche Kontroverse beschert hat.

Die Photoshop-Erfinder Thomas (links) und John Knoll.
Foto: Adobe

Als Privatprojekt gestartet

Photoshoppen: ein digitales Bild mit Photoshop oder einer anderen Bildbearbeitungssoftware zu verändern, speziell auf eine Art, die die Realität verzerrt (und zwar zum Zwecke absichtlicher Täuschung). So beschrieb das Merriam-Webster Dictionary den Begriff, als es ihn 2012 offiziell in das Wörterbuch aufnahm.

Offiziell kam Adobe Photoshop im Februar 1990 auf den Markt, die Geschichte des Programms begann aber eigentlich schon drei Jahre zuvor. Thomas Knoll, damals PhD-Student an der University of Michigan, hatte gemeinsam mit seinem Bruder John, der beim Filmeffekt-Spezialisten Industrial Light & Magic arbeitete, eine Software namens Display geschrieben. Wie der Name bereits nahelegt, diente sie primär der Betrachtung von Bildern am Computer, brachte aber ein paar einfache Bearbeitungsfunktionen mit. John Knoll setzte sie erstmals für den Film The Abyss ein.

Einstieg von Adobe

Das Feedback fiel sehr gut aus, und 1988 entschlossen sie sich, das Tool zu kommerzialisieren. Dabei erfolgte auch die Namensänderung in Photoshop. Die ersten 200 Kopien der Version 0.87 wurden allerdings als "Barneyscan XP" Diascannern des Herstellers Barneyscan beigelegt.

1989 entdeckte Adobe das Programm und erwarb eine Lizenz, um eine erweiterte Version der Software vertreiben zu können. Das führte schließlich zur Veröffentlichung von Photoshop 1.0 ein Jahr später. Anlässlich des 20. Geburtstags stellte John Knoll eine Vorstellung von Photoshop 1.0.7 nach und führte die für damals bereits erstaunlichen Kapazitäten des Programms vor.

John Knoll führt Photoshop 1.0.7 vor.
Adobe Photoshop

Vom Einzelkauf zum Abo

Das ursprünglich in Pascal geschriebene Grafiktool war für den Apple Macintosh entwickelt worden, die erste Windows-taugliche Ausgabe war Version 2.5, die man im November 1992 veröffentlichte. Die Ausgaben 2.5 und 3.0 unterstützten zusätzlich auch Irix und Solaris, danach beschränkte man sich für lange Zeit auf die Desktopplattformen von Apple und Microsoft. Photoshop 3.0 ist aber auch aus einem ganz anderen Grund wichtig, führte man mit dieser Ausgabe doch das bis heute genutzte Konzept der Ebenen ein. Photoshop 4 (1996) führte Makros ein, Ausgabe 5 bot ein Jahr später das "magnetische Lasso".

Im Jahr 2000 – Version 6 – hielten Vektorgrafiken Einzug, statt 99 konnte man nun 8.000 Ebenen erstellen und deren Stile festlegen, und die Benutzeroberfläche wurde in weiten Teilen überarbeitet. Version 7 war die letzte Ausgabe mit klassischer Namensgebung, sie wurde 2003 abgelöst vom Photoshop CS, der unter anderem eine Filtergalerie und das Echtzeithistogramm besaß.

2008 kam mit Photoshop CS4 das nächste Interface-Redesign. Mittlerweile verfügte das Programm außerdem auch über erste 3D-Funktionen. Im Jahr 2012, mit dem Photoshop CS 6, endete die Ära des klassischen Photoshop. Es sollte die letzte Version sein, die Adobe als Einzelkauf mit Dauerlizenz anbot. Danach begann die Ära der "Creative Cloud" mit Abomodell. Ein Schritt, der bei Teilen der Nutzerschaft auf heftigen Widerstand stieß.

Acht Experten probieren den ersten Photoshop aus.
CreativeLive

Quellcode der Urversion verfügbar

Mittlerweile ist die 21. Ausgabe des Photoshop da, sie erschien als Photoshop 2020 am 4. November 2019. In den letzten Jahren brachte Adobe außerdem reduzierte Ausgaben der Software für mobile Plattformen heraus. Im vergangenen Jahr erschien das Programm schließlich für das iPad, wo es im Laufe der Zeit einen (fast) vollständigen Funktionsumfang erhalten soll.

Zum 25-Jahr-Jubiläum hatte sich der Hersteller entschlossen, den Quellcode der ersten Version freigegeben. Der Youtube-Tutorialchannel Creative Live nahm dies zum Anlass, acht Photoshop-Experten mit der Urversion des Programms arbeiten zu lassen. Die dokumentierte Verzweiflung zeigt die großen Schritte, die das Programm seit 1990 gemacht hat, und beweist, dass moderne Grafikbearbeitung mit den damaligen Limitierungen schlicht undenkbar ist.

Alicia Vikander mit sehr langem Hals.
Foto: MGM

Fails und Burbs

Doch nicht jeder, der mit Photoshop arbeitet, weiß auch damit umzugehen. Dementsprechend machen immer wieder Bilder die Runde, in denen die Nachbearbeitung und Manipulation von Bildern offenkundig schiefgegangen ist. Verursacher von so manchem Fail sind aber längst nicht immer Privatnutzer, die die Software nur hobbymäßig verwenden, sondern durchaus auch Personen, die sie beruflich verwenden.

Ein sehr eindrückliches Beispiel gibt etwa ein Plakat für eine Tomb Raider-Verfilmung. Lara-Croft-Darstellerin Alicia Vikander wurde auf dem Sujet der Hals massiv verlängert. Doch von Fashion-Magazinen bis hin zu Spielzeugherstellern blieb kaum eine Branche vor Grafikausrutschern verschont. Viele dieser "Photoshop Disasters" dokumentierte jahrelang das mittlerweile leider eingestellte Blog gleichen Namens.

Manche Fälle von Photoshop-Dilettantismus brachten gar politische Implikationen mit sich – etwa als das Publikum auf einem Foto einer Wahlveranstaltung von Silvio Berlusconi 2010 durch den Einsatz des Klon-Tools künstlich vergrößert wurde. Und Microsofts polnische Abteilung hatte die Idee, auf einem Werbesujet eine dunkelhäutige mit einer kaukasisch aussehenden Person zu ersetzen, vergaß bei der Retusche allerdings die Hand – und handelte sich postwendend Rassismusvorwürfe ein.

Das kreative Potenzial von Photoshop und anderen Grafiktools zeigen hingegen immer wieder verschiedene Challenges, wie sie etwa immer wieder auf Reddit zu finden sind. Ein Forum befasst sich etwa ausschließlich damit, sich Mischtiere auszudenken und grafisch umzusetzen. Entstanden ist dabei auch diese zuckersüße Kombination aus Kaninchen und Vogel, die schlicht "Burb" getauft wurde. (gpi, 19.2.2020)