"Achtung, ungenießbar", zeigt dieses Flügelmuster eines Heliconius-Schmetterlings an – wenn es nur genug Individuen tragen.

Foto: Luca Livraghi

Die Schmetterlingsarten der Gattung Heliconius haben eine effektive Strategie gegen Fressfeinde entwickelt: Sie sind giftig und schmecken so bitter, dass sie für Vögel ungenießbar sind. Damit sie aber nicht versehentlich dennoch erbeutet werden, entwickelten diese Falter ein auffälliges Muster, das potenzielle Feinde warnt. Ein internationales Forscherteam hat die Genetik der Flügelmuster nun genauer untersucht und kommt zum Schluss: Trotz der wichtigen Funktion sind die Zeichnungen lokalen und zeitlichen Trends unterworfen.

Heliconius-Schmetterlinge leben in Mittel- und Südamerika und weisen charakteristische Farbmuster aus roten oder gelben Bändern auf schwarzen Flügeln auf, Markus Möst von der Universität Innsbruck, der Erstautor der Studie in "Plos Biology". Jungvögel müssen erst ein oder zwei von dieser Insekten probieren, um das Muster mit der Ungenießbarkeit der Schmetterlinge in Verbindung zu bringen. Je mehr Schmetterlinge das selbe Muster tragen, umso höher ist der Schutz für einzelne Individuen.

Regionale Anpassung

Wohl aus diesem Grund ist das Warnmuster unter mehreren Heliconius-Arten verbreitet. . Die beiden Gruppen Heliconius melpomene und Heliconius erato Gruppe haben sich zwar aus einem gemeinsamen Vorfahren entwickelt, sind genetisch aber gänzlich voneinander getrennt. Sie zeigen unterschiedliches Verhalten, locken potenzielle Partner mit unterschiedlichen Duftstoffen an und können sich auch nicht miteinander paaren.

Und doch tragen sie in manchen Gegenden das selbe Flügelmuster, sie passen sich also regional optisch aneinander an. Diesen Schutzeffekt durch ein gemeinsames Warnsignal nennt man "Müllersche Mimikry". "Sie kopieren ihr Aussehen also lokal", sagte Möst. An einem beliebigen Ort in Süd- oder Mittelamerika würde man stets Populationen beider Gruppen mit identischem Flügelmuster finden. An unterschiedlichen Orten tragen die Individuen beider Arten eine andere Mode.

"Wie ihre Flügelmuster genetisch codiert sind, ist bereits aus zahlreichen vorhergehenden Untersuchungen bekannt", so Möst. Es gibt vier Stellen (Loci) im Genom, die es zeichnen: "Ein Locus für das rote Muster, einer für das gelbe, ein anderer definiert die Form des Vorderflügel-Bandes und ein weiterer kann das Gelb im Muster in Weiß umschalten", erklärte er.

Unklare Ursache

Um so verlässlich wie möglich geschützt zu sein, sollten die Schmetterlinge ihr Muster eigentlich nie ändern. Das passiert aber laut den Forschern ständig. Sie untersuchten das Erbgut von 600 Individuen aus 53 Populationen aus verschiedenen Regionen . Dort fanden sich charakteristische Spuren jüngster Veränderungen rund um die Farbmuster-Gene, nämlich "selective sweeps". Das sind Täler mit geringer Variation, weil sich eine bestimmte Genform durch einen starken Vorteil rasch durchgesetzt hat und die Erbgut-Abschnitte rundum nach dem Motto "mitgehangen-mitgefangen" in der Population uniform sind.

Mit der Zeit erodiert aber der Zusammenhalt und aus jungen, tiefen Tälern, werden alte, seichte Becken, die schließlich ganz verschwinden. Bei den Heliconius-Schmetterlingen waren diese "selective sweeps" aber noch äußerst markante Einschnitte aus jüngster Zeit. Die Schmetterlinge ändern demnach immer wieder ihr Aussehen.

Warum dies passiert, ist unklar, so Möst. Möglicherweise variiert der Druck durch Räuber, wenn zum Beispiel ein Tropensturm Vögel stark dezimiert, und die Schmetterlinge können unterschiedliche Moden ausprobieren, bis die Vogel-Populationen wieder massiv zunehmen und sich die Falter quasi auf einen einheitlichen Look einigen müssen. "Die Mimikri-Selektion würde dann Individuen mit jenem Muster bevorzugen, das gerade am häufigsten ist", erklärte Möst. Somit gäbe es einen neuen Trend, dem aber tunlichst alle folgen sollten. (red, APA, 23.2.2020)