Das deutsche Netzwerkdurchsetzungsgesetz ist laut Grünen-Klubobfrau Sigrid Maurer – entgegen den Aussagen des Kurz-Medienbeauftragten Gerald Fleischmann – kein Vorbild für Österreich.

Foto: APA/ROLAND SCHLAGER

Für Gerald Fleischmann, den von Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) ernannten Medienbeauftragten im Bundeskanzleramt, ist das deutsche Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) ein Vorbild für Österreich, wie er am Dienstag erklärte. Einerseits soll das Justizressort in Wien demnach Hass im Netz künftig zu einem Offizialdelikt machen – was dafür sorgen würde, dass Betroffene nicht mehr selbst Prozesse finanzieren müssten. Andererseits verweist das Kanzleramt in Bezug auf das NetzDG auf eine Löschverpflichtung für Plattformen.

Dementi

Grünen-Klubobfrau Sigrid Maurer reagierte auf die Pläne kritisch: Fleischmann habe mit dem deutschen Justizstaatssekretär über Hasspostings gesprochen, schrieb sie am Dienstagabend auf Twitter. In Österreich arbeite Justizministerin Alma Zadić (Grüne) mit Experten an einem Paket. "Das NetzDG ist dafür nicht das Vorbild", so Maurer.

Auch der grüne Netzpolitik-Sprecher Süleyman Zorba meldete sich zu Wort und verwies auf das türkis-grüne Regierungsübereinkommen: "Herr Fleischmann kann gerne Gespräche mit KollegInnen aus Deutschland führen, für die Regierung gilt aber nach wie vor das Übereinkommen." Eine diesbezügliche STANDARD-Anfrage beim Justizministerium läuft seit Dienstagmittag.

Vorbild NetzDG?

Ein "Gesetz für Verantwortung und Regulierung von Plattformen" wird laut dem Kanzleramt dort erarbeitet. Wenn "gehässige Inhalte das Erlaubte und Zumutbare" überschreiten, müssten Anbieter sie demnach entfernen. Zudem sollen die Anbieter verpflichtet werden, Beschwerdeverfahren einzurichten. Auch klar definierte Verantwortliche will das Kanzleramt vorschreiben.

Im Regierungsprogramm finden sich in Bezug auf Hass im Netz diese Pläne vereinzelt: So ist darin etwa die Nennung eines Zustellungsbevollmächtigten für "Betreiber internationaler sozialer Netzwerke" vorgesehen. Für "große Plattformen" ist im Medienkapitel zudem die Rede von der Löschung rechtswidriger Inhalte und wirksame Beschwerdeverfahren. Eine Orientierung am deutschen NetzDG, ohne spezifischer Nennung "großer Plattformen" in diesem Ausmaß ist allerdings neu.

"Im Regierungsprogramm sind ein Beschwerdeverfahren sowie eine Löschverpflichtung vorgesehen, was im Kanzleramt ressortiert", heißt es in einem Statement aus Fleischmanns Büro an den STANDARD. "Dafür gibt es internationale Beispiele wie eben in Deutschland." Klar sei, dass eine eigene österreichische Lösung erarbeitet werden soll. "Diese wird in ein größeres Paket zu Hass im Netz einfließen, das die Justizministerin vorhat."

Opposition kritisch

Auch die Opposition reagierte kritisch auf die Ankündigungen. "Damit will die ÖVP die politische Verantwortung abgeben und die Kontrolle den Großkonzernen wie Facebook, Google und Co überlassen", erklärte die SPÖ-Abgeordnete Katharina Kucharowits. "Aber die Entscheidung, ob etwas verboten oder erlaubt ist, muss eine staatliche Stelle treffen und nicht ein privater Online-Monopolist." Ähnlich reagierten Neos und FPÖ, die ebenso die "Einschätzung über Meinungsfreiheit" nicht in den Händen von "großen Internetfirmen" sehen wollen. (Muzayen Al-Youssef, 19.2.2020)