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Demonstration gegen Donald Trump im Iran. Der Präsident will mit "maximalem Druck" die Mullahs zum Einlenken bringen.

Foto: Reuters / Wana News Agency

Sie ist oft beschrieben worden, die Zwickmühle, in der der amerikanische Präsident steckt. Einerseits will Donald Trump um jeden Preis verhindern, dass der Iran dem illustren Klub der Nuklearwaffenmächte beitritt. Nähert sich Teheran der Atombombe, würde das im Zweifelsfall bedeuten, militärisch zu intervenieren. Andererseits hat Trump den Rückzug aus dem Nahen Osten, wie schon sein Vorgänger Barack Obama, aber noch dezidierter als dieser, zu einer Leitplanke seiner Außenpolitik erklärt.

Er sieht wenig Sinn darin, Soldaten in großer Zahl in Krisengebiete zu entsenden, jedenfalls nicht auf Jahre hinaus. Lässt er sich auf eine Eskalation am Persischen Golf ein, ohne zu bremsen, riskiert er, Teile seiner eigenen Anhängerschaft zu verprellen. Dann hätte er ihn, den Konflikt mit jener derzeit noch absolut loyalen Basis, der er versprochen hatte, dass Amerika die Rolle der Ordnungsmacht in einer Welt, die ihm ohnehin nicht dafür dankt, aufgeben würde, um sich ganz auf die eigenen Baustellen zu konzentrieren.

Zuckerbrot und Peitsche

Folge des Dilemmas ist ein erratischer Kurs, an dem auch das Ergebnis der iranischen Parlamentswahl nichts ändern dürfte. Verstärkt wird das Sprunghafte durch das Selbstverständnis eines Präsidenten, der in seiner Unberechenbarkeit durchaus eine Stärke sieht, während Kritiker das Fehlen langfristiger Strategien bemängeln. Trump hat das verbale Fernduell mit dem nordkoreanischen Diktator Kim Jong-un auf die Spitze getrieben, indem er in apokalyptischer Wortwahl von "Feuer und Zorn" sprach, ehe er sich zweimal mit Kim traf, dies wiederum, ohne handfeste Ergebnisse vorweisen zu können.

Er ließ den iranischen General Ghassem Soleimani töten, nachdem er iranische beziehungsweise von Iran gesteuerte Angriffe auf Tanker im Golf und Ölanlagen in Saudi-Arabien ebenso toleriert hatte wie den Abschuss einer Militärdrohne der USA. Und nachdem es die Ajatollahs in Teheran bei einem eher symbolischen Akt der Revanche beließen, einem zuvor genau avisierten Raketenschlag auf Stützpunkte im Irak, die auch die Amerikaner nutzen, lobte er sie ausdrücklich für ihre Zurückhaltung. Was Trump als Nächstes tut, ob er die Drohkulisse ausbaut oder aber, auch das ist denkbar, Geheimgespräche anbahnen lässt, lässt sich seriös schlicht nicht vorhersagen.

Trump'sche Träumereien

Washingtons offizielle Linie lautet "maximaler Druck". Eine wirtschaftliche Totalblockade soll massive Proteste schüren und offenbar sogar einen Regimewechsel bewirken. Jenen "Regime Change", den nüchterne Köpfe in der amerikanischen Hauptstadt eher für Träumerei halten, nicht für ein realistisches Ziel. Zumindest sollen die Daumenschrauben die iranische Regierung zwingen, sich zu den Bedingungen der USA an den Verhandlungstisch zu setzen. Trump will den von ihm gekündigten Atomdeal durch ein Abkommen ersetzen, nach dessen Bestimmungen Teheran für alle Ewigkeit – statt nur zeitlich befristet – auf die Entwicklung von Kernwaffen verzichtet, sein Raketenarsenal reduziert und seiner offensiven Regionalpolitik abschwört. Die Mittel zum Zweck: nicht nur schärfste Sanktionen, sondern auch die im Falle Soleimanis demonstrierte Bereitschaft, überraschend zuzuschlagen. Anders gesagt, über den Köpfen der Mullahs soll so etwas wie ein amerikanisches Damoklesschwert schweben.

Die Opposition im Kongress spricht von einem Vabanquespiel, bei dem Missverständnisse auf beiden Seiten geradezu programmiert sind – und damit die Gefahr, dass die Lage außer Kontrolle gerät. Um Trumps Vollmachten einzuschränken, haben die 47 Demokraten im Senat gemeinsam mit acht Republikanern eine Resolution beschlossen, die den Commander-in-Chief verpflichtet, zunächst das Parlament um grünes Licht zu bitten, ehe er einen Krieg erklärt. Allerdings handelt es sich bei der "War Powers Resolution", verabschiedet vergangene Woche, nur um eine weitgehend symbolische Geste. Der Präsident kann sie mit einem Veto aushebeln, solange eine Zweidrittelmehrheit der Senatoren nicht gegen ihn stimmt. (Frank Herrmann aus Washington, 20.2.2020)