Bloombergs versuchte gegen seine Rivalen Warren und Sanders (v.l.) mit deren geringen Chancen gegen US-Präsident Trump zu argumentieren.

Foto: APA / AFP / MARK RALSTON

So mancher US-Fernsehzuseher mag sich im falschen Film gewähnt haben ob der politischen Schlammschlacht, die sich in der Nacht auf Donnerstag vor aller Augen in Las Vegas abspielte. Die TV-Debatte der Demokraten zwei Tage vor der Vorwahl in Nevada hatte es fürwahr in sich. Elizabeth Warren, nach den beiden Stimmungstests in Iowa und New Hampshire mit dem Rücken zur Wand, brachte die Stimmung gleich zu Beginn auf den Punkt. Man habe es mit einem Milliardär zu tun, der Frauen geringschätzt und rassistische Politik verfolgt hat – und damit war nicht etwa Donald Trump gemeint.

Der Feind, so wurde deutlich, sitzt im eigenen Haus: Michael Bloomberg.

POLITICO

Der New Yorker Ex-Bürgermeister und Krösus unter den Bewerbern steigt – wie seit langem angekündigt – bei der TV-Debatte im Wüstenstaat in die Kandidatenkür der US-Demokraten ein. Auf dem Stimmzettel wird Bloomberg freilich erst zum Super Tuesday Anfang März stehen. Ausgestattet mit einem Budget, das jenes von Favorit Bernie Sanders und Ex-Vizepräsident Joe Biden um ein Vielfaches übersteigt, präsentiert sich Bloomberg als die letzte Hoffnung der Gegner Trumps, als Einziger, der es mit dem Rechtspopulisten im Weißen Haus aufnehmen kann.

Scharfe Attacken

Zwar wird seine "Mike schafft es"-Kampagne weitgehend mittels eigener Geldtöpfe geölt. Das Odeur, er plane eine feindliche Übernahme der Partei, eilt dem Multimilliardär und langjährigen Gegner Trumps gleichwohl voraus. Umso schärfer fielen die Attacken von Sanders, Überraschungsmann Pete Buttigieg und dem Rest des Bewerberfelds in Las Vegas auch aus.

Bloomberg habe Frauen als "fette Tussis und pferdegesichtige Lesben" bezeichnet, empörte sich Warren, der frühere Stadtchef habe seinerzeit "empörende" Praktiken der Polizei gegen Afroamerikaner und Hispanos unterstützt, sekundierte Sanders.

Tatsächlich ist der 78-jährige Bloomberg wegen der unter seiner Ägide zu Beginn der Nullerjahre eingeführten Polizeitaktik "stop and frisk" (stoppen und durchsuchen) in die Kritik geraten. Vor allem Afroamerikaner und Hispanos wurden damals auf den Straßen New Yorks ohne konkreten Anlass kontrolliert.

Die Demokraten würden ein "riesiges Risiko eingehen", sollten sie "einfach nur einen arroganten Milliardär durch einen anderen ersetzen", erklärte Warren. Bei der von Bloomberg gegründeten gleichnamigen Finanznachrichtenagentur soll es lange Zeit eine Frauen gegenüber wenig wertschätzende Unternehmenskultur gegeben haben.

Der frühere South Bender Bürgermeister Pete Buttigieg, der sich einmal mehr selbst als Mann des Ausgleichs porträtierte, attackierte Bloomberg und Sanders gleichermaßen: Sie seien die "am meisten polarisierenden" Politiker bei der TV-Debatte. Amy Klobuchar, zuletzt in New Hampshire immerhin Dritte, warf Bloomberg vor, er wolle sie und die anderen Kandidaten aus dem Rennen um die Präsidentschaftskandidatur drängen – und verstecke sich zu diesem Zweck hinter seinen teuren Fernsehspots.

Bloomberg warnt vor Wiederwahl Trumps

Bloomberg versuchte die Angriffe bei der TV-Debatte abzuwehren – und hielt selbst dagegen. Sanders habe "keine Chance", Präsident Trump bei der Wahl im November zu besiegen. Der Multimilliardär kritisierte unter anderem die umstrittenen Pläne des linksgerichteten Senators für eine gesetzliche Krankenversicherung für alle US-Bürger. Er warf Sanders auch indirekt "kommunistische" Vorschläge vor.

Sollte Sanders die Präsidentschaftskandidatur der Demokraten bekommen, bedeute das vier weitere Jahre für Trump im Weißen Haus, sagte Bloomberg. "Das können wir nicht zulassen."

Der Angesprochene, Trump persönlich nämlich, reagierte auf seine Art auf Bloombergs Auftritt: "Mini Mike" habe es einfach nicht drauf. Sein New Yorker Landsmann habe wohl den schlechtesten Auftritt in der Geschichte der Debatten hingelegt. "Es ist nicht so leicht zu tun, was ich getan habe", prahlte Trump auf Twitter – und erinnerte die Demokraten daran, mit wem eine oder einer von ihnen es im November zu tun haben wird.

Sanders in Umfragen vorn

Umfragen sehen Sanders vor der möglicherweise aussagekräftigen Wahl am Samstag in Nevada klar vorn. Bloomberg und der erst favorisierte, zuletzt aber abgerutschte Ex-Vizepräsident Joe Biden ringen um den zweiten Platz. Warren sowie die bei den bisherigen, überwiegend von Weißen frequentierten Vorwahlen erfolgreichen Kandidaten Buttigieg und Klobuchar folgen auf den Plätzen. (flon, 20.2.2020)