Bild nicht mehr verfügbar.

Der Journalist Ján Kuciak wurde nur 27 Jahre alt.

Foto: AP/Aktuality.sk

Es waren Schüsse, die ein ganzes Land veränderten: Vor genau zwei Jahren, am 21. Februar 2018, wurden der junge Enthüllungsjournalist Ján Kuciak und seine Verlobte Martina Kušnírová in ihrem Haus in der Westslowakei ermordet. Immer wieder hatte Kuciak über Verbindungen korrupter Geschäftemacher zu höchsten politischen Kreisen berichtet. Als die Leichen vier Tage später entdeckt wurden, formierte sich eine spontane Bürgerbewegung und organisierte die größten Massenproteste seit der Revolution des Jahres 1989.

Premier Robert Fico und sein Innenminister Robert Kaliňák hielten dem Druck nicht stand und traten im März 2018 zurück. Fico blieb allerdings Chef der linkspopulistischen Partei Smer. Auch deren Koalition mit der Slowakischen Nationalpartei (SNS) und der bürgerlichen Most-Híd konnte sich im Amt halten. Dem neuen Premier Peter Pellegrini werfen Kritiker vor, er sei bloß eine Marionette von Parteichef Fico, der im Hintergrund weiter die Fäden ziehe.

Kritik an Instrumentalisierung

Bei der Parlamentswahl am nächsten Samstag, dem 29. Februar, soll das zerrüttete politische Terrain nun neu abgesteckt werden. Wie sehr der Wahlkampf sogar dem Jahrestag des Mordes seinen Stempel aufdrückt, zeigt sich am Streit um eine Gedenkveranstaltung in der Hauptstadt Bratislava: Die vor zwei Jahren entstandene Bürgerbewegung "Für eine anständige Slowakei" wollte sich wieder den zentralen Platz des Slowakischen Aufstandes reservieren, doch die neoliberale Partei Freiheit und Solidarität (SaS) war ihr zuvorgekommen.

Kritik an der parteipolitischen Instrumentalisierung des Gedenkens wischt SaS-Chef Richard Sulík vom Tisch: Wenn jemand die Situation im Land ändern könne, dann seien das Politiker, so Sulík. "Das muss nicht jedem gefallen, aber es ist so." Die Gedenkversammlung der Bürgerbewegung findet nun auf einem anderen Platz statt – und um eine Stunde später, um wenigstens die direkte Konkurrenz zu vermeiden.

Auch die jüngsten Tumulte im Parlament ließen erkennen, dass die Nerven blank liegen: Bürgerliche Oppositionsabgeordnete hielten von Dienstag bis Donnerstag das Rednerpult besetzt, um ein Gesetz der Regierung zu blockieren, das unter anderem eine Erhöhung des Kindergeldes vorsieht – für Kritiker ein Wahlzuckerl, das erst die künftige Regierung zu finanzieren hätte.

Rechtsradikale im Aufwind

Ermöglicht wurde die Sitzung übrigens mit den Stimmen der rechtsradikalen Volkspartei Unsere Slowakei (ĽSNS). Während der Blockade stand deshalb eine Hochzeitstorte auf dem Rednerpult – als Warnung vor einer künftigen Zusammenarbeit von ĽSNS und Smer. Umfragen sehen die ĽSNS immerhin auf Platz drei. Wer aber letztlich mit wem koalieren kann, ist völlig offen. Gleich mehrere Parteien kratzen an der Fünf-Prozent-Hürde, das künftige Parlament könnte aus sechs bis zwölf Fraktionen bestehen.

Im Prozess zum Mordfall Kuciak gibt es indes das Geständnis eines Mittelsmannes, der als Kronzeuge aussagt und bereits zu 15 Jahren Haft verurteilt wurde. Ein ehemaliger Polizist hat zudem gestanden, der Todesschütze zu sein. Der mutmaßliche Auftraggeber jedoch, der politisch bestens vernetze Geschäftsmann Marian Kočner, bestreitet seine Schuld ebenso wie eine weitere mutmaßliche Vermittlerin. Der Prozess wird Mitte März fortgesetzt. (Gerald Schubert, 21.2.2020)