Mal ist er beim Besuch einer Baustelle zu sehen, mal umringen ihn Kinder. Auf anderen riesengroßen Plakaten schüttelt er die Hände zahlreicher Wählerinnen und Wähler. Immer sollen die Bilder den Eindruck erwecken, dass der Mann in dem hellblauen Anzug Togo vorantreibt und die Menschen motiviert. Wenige Tage vor der Präsidentschaftswahl am 22. Februar ist das für Amtsinhaber Faure Gnassingbé (53) wichtiger denn je. Gegen den Spitzenkandidaten der Union für die Republik (Unir) treten sechs Oppositionspolitiker an, und der Schein des Wahlkampfs soll zumindest gewahrt werden.

In Togo hofft man vor allem auf eine friedliche Wahl. 2005 kamen hier nach den Unruhen danach mehr als 500 Menschen ums Leben.
Foto: Katrin Gänsler

Denn Togo (7,9 Millionen Einwohner) ist der letzte Staat Westafrikas, in dem noch eine Familiendiktatur herrscht. Durch einen Staatsstreich im Jahr 1967 kam Gnassingbés Vater Eyadéma an die Macht. Das änderte sich weder durch eine kurze Übergangsregierung unter Joseph Kokou Koffigoh Anfang der 1990er-Jahre noch durch die Einführung des Mehrparteiensystems. Nach Einschätzung der internationalen Nichtregierungsorganisation Freedom House mit Sitz in Washington ist Togo "teilweise frei". In der Rangliste der Pressefreiheit von Reporter ohne Grenzen belegt das Land Platz 76 von 180.

Die Wahlwerbung für Amtsinhaber Faure Gnassingbé ist in Lomé allgegenwärtig.
Foto: Katrin Gänsler

Angst vor Spitzeln

Auf den Straßen von Lomé möchten viele Menschen nicht offen über die Wahlen sprechen, ihren Namen nennen oder erzählen, welchen Kandidaten sie unterstützen. Die Angst, dass die Falschen es mitbekommen, ist groß. Auch Abdoul Hayou Adama schüttelt den Kopf. Der junge Mann ist gerade volljährig geworden und gehört theoretisch zu den mehr als 3,6 Millionen Wählern. Seine Wählerkarte – jener Ausweis, der zur Stimmabgabe berechtigt – hat er jedoch nicht beantragt. "Ich konzentriere mich lieber auf die Schule." Um Politik will er sich später kümmern, wenn überhaupt.

David Dosseh, Sprecher der Bürgerrechtsbewegung Togo Debout, fordert die Bevölkerung auf, am Samstag wählen zu gehen.
Foto: Katrin Gänsler

Dabei ist es das erklärte Ziel der Bürgerrechtsbewegung Togo Debout, so viele Menschen wie möglich für den Urnengang zu mobilisieren. "Dann bleibt eine kleine Chance auf den Sieg", sagt deren Sprecher David Dosseh. Ziel des 2017 gegründeten Zusammenschlusses ist, Gnassingbés Herrschaft zu beenden. Viele Anhänger finden, dass das Land stillsteht. Dosseh, der Arzt ist, erlebt das vor allem in Krankenhäusern und Arztpraxen. "Vor zwei Wochen musste ich einen Kropf in einem Operationssaal operieren, in dem nur drei von 24 Lampen funktionierten." Im Bildungsbereich ist die Infrastruktur nicht besser. Die Weltbank prognostiziert bis 2022 eine Wachstumsrate des Bruttoinlandsprodukts von jährlich 5,5 Prozent. Mehr als die Hälfte der Bevölkerung lebt unter der Armutsgrenze.

Jean-Pierre Fabre will im dritten Anlauf gewinnen.
Foto: Katrin Gänsler

Tränengas gegen die Opposition

In der Phase, in der sich Togo Debout gründete, schien ein Machtwechsel tatsächlich greifbar. Die Zivilgesellschaft demonstrierte gemeinsam mit 14 Oppositionsparteien, der C14, regelmäßig und nahm viel auf sich. Tränengas wurde eingesetzt. Es kam zu Gewalt gegen Demonstranten. Nach Schätzungen der Menschenrechtsorganisation Amnesty International (AI) wurden seit der letzten Wahl 2015 mindestens 25 Personen bei Protesten getötet.

Kleinere Erfolge hat der Protest zwar erzielt: Per Verfassungsänderung ist die Amtszeit des Präsidenten künftig auf zwei Mandate begrenzt. Frühere werden jedoch nicht angerechnet. Die Opposition ist dennoch zerstritten und konnte sich auf keinen gemeinsamen Kandidaten einigen. Letztendlich möchte jede Partei ihren Chef an der Spitze sehen. Nathaniel Olympio von der Partei der Togoer geht noch einen Schritt weiter: "Ich bleibe am Samstag zu Hause. Wir boykottieren die Wahl", sagt er in der Parteizentrale in Lomé. In den großen Räumen ist er allein und wirkt ein wenig verloren. Er geht nicht davon aus, dass das Regime durch eine Wahl, die seiner Meinung nach weder glaubhaft noch fair ist, abgesetzt werden kann.

Nathaniel Olympio von der Partei der Togoer boykottiert die Wahlen.
Foto: Katrin Gänsler

Den Zweifel an der Transparenz haben in den vergangenen Wochen auch zwei Entscheidungen der nationalen unabhängigen Wahlkommission (Ceni) geschürt. Weder dürfen die Wahlbeobachter des zivilgesellschaftlichen Zusammenschlusses CNSC noch die der katholischen Kirche in den 9.389 Wahllokalen den Urnengang beobachten.

Viele Plakate im Straßenbild.
Foto: Katrin Gänsler

Von Einschüchterungen durch die Regierungspartei hat Anfang der Woche auch Jean-Pierre Fabre, der bekannteste Oppositionskandidat, vor Journalisten und Sympathisanten berichtet. Während des Wahlkampfs habe es "Betrug und gewaltsame Angriffe" gegeben, sagt der 67-Jährige. Er ist der ewige Zweite, der die Wahlen 2010 und 2015 gegen Gnassingbé verlor. Seine Anhängerschaft hat er im städtisch geprägten Süden. Vielen gilt er als zu intellektuell. Der Kandidat der nationalen Allianz für den Wandel (ANC) versucht sich dennoch kämpferisch zu geben. "Ich trete an, um zu gewinnen." Ein Erfolg könnte schon der Einzug in die Stichwahl sein. (Katrin Gänsler aus Lomé, 21.2.2020)