Es ist eine verlockende Idee: ein Smartphone, das einen großen Bildschirm bietet, bei Nichtbenutzung aber so zusammengeklappt werden kann, dass es gemütlich in der Hosentasche untergebracht werden kann. Seit dem Vorjahr gibt es die ersten solchen "Foldables" genannten Geräte im Handel, vor kurzem ist bereits die zweite Produktgeneration vorgestellt worden. Ist also die Zeit gekommen, sich ein faltbares Smartphone zu kaufen? Die Antwort darauf ist recht einfach: Nein. Und zwar nicht nur derzeit sondern aller Voraussicht auch noch für einige Zeit.

Eine einzige Pannenserie

Dass die Markteinführung der ersten faltbaren Smartphones nicht gerade optimal verlaufen ist, wäre eine ziemliche Untertreibung. Das Paradebeispiel hierfür lieferte Samsung: Auf vollmundige Versprechungen folgte im Frühjahr 2019 eine brutale Bruchlandung. Das Galaxy Fold musste noch vor dem Marktstart wieder eingestampft werden, da Journalisten in ihren ersten Tests haarsträubende Defizite bei der Verarbeitung offenbarten. Erst rund ein halbes Jahr später konnte man mit einer zumindest um die gröbsten Probleme bereinigten Version aufwarten. In Österreich ist das Galaxy Fold überhaupt erst seit kurzem erhältlich – und selbst das nur in sehr geringen Stückzahlen.

Samsungs Galaxy Fold: mittlerweile sogar in Österreich erhältlich.
Foto: APA/AFP/TOBIAS SCHWARZ

Konkurrent Huawei ging es kaum besser: Dessen Mate X musste aufgrund von Qualitätsproblemen ebenfalls monatelang verschoben werden. Außerhalb Chinas bekam man es schlussendlich – allerdings auch aufgrund des US-Handelsbanns – kaum zu sehen. Der Nachfolger, das Mate Xs, soll nun zwar tatsächlich global vertrieben werden, am grundlegenden Design und den damit einhergehenden Problemen hat sich nur wenig geändert. Das hier das Display an der Außenseite ist, wird unzweifelhaft eher früher denn später zu einem verkratzten Bildschirm führen – egal wie sehr man noch auf irgendwelche Schutzbeschichtungen verweist. Und über kleinere Herstellern wie Royole mit seinem den Charme einer DVD-Hülle versprühenden Flexpai sei besser gleich ganz der Mantel des Schweigens gehüllt.

Fallbeispiel: Galaxy Fold

Bei all dem Respekt dafür, dass es den Hersteller irgendwann doch noch gelungen ist, ein Produkt auf den Markt zu bringen, das länger als drei Tage unbeschadet bleibt, darf aber nicht vergessen werden, dass das eine reichlich niedrig angesetzte Messlatte ist. Bei näherer Betrachtung verfliegt die Begeisterung über diese Geräte nämlich schnell wieder. Dem kurzen "Wow"-Faktor, der etwa mit dem Aufklappen von Samsungs Galaxy Fold einhergeht, folgt schon nach wenigen Minuten eine Phase der Abkühlung der Mensch-Foldable-Beziehung. Als erstes stößt die die deutliche Einbuchtung auf, die in der Mitte des Displays zu finden ist – also an jener Stelle, unter der sich das Scharnier befindet. Bei seitlichen Wischbewegegungen nervt diese Unebenheit schnell. Zudem ist diese Vertiefung klar sichtbar und stört so auch die Bilddarstellung – außer vielleicht bei Samsungs clever gewähltem Bildschirmhintergrund, der an dieser Stelle bewusst schwarz gehalten ist, um das Hardwaredefizit zu verschleiern.

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Ein Foto von der Elektronikmesse CES zeigt ganz gut, wie das Galaxy Fold aussieht, wenn es mal intensiver – und ohne Handschuhe – genutzt wird.
Foto: John Locher / AP
Viel Platz für Videos? Eher viel Platz für schwarze Balken.
Foto: Proschofsky / STANDARD

Als nächstes fällt dann auf, dass die Display-Oberfläche generell weniger eben ist als jene eines klassischen Smartphones, was sich schon bei leicht schrägem Betrachtungswinkel durch verzerrte Lichtreflexionen zeigt. Das liegt darin, dass der Bildschirm statt durch Glas nur durch eine Kunststofffolie geschützt wird, um flexibel zu bleiben. Das hat dann auch noch einen zweiten Nachteil, der weit über optische Fragen hinausgeht: Der Bildschirm ist stark für Kratzer anfällig, selbst mit dem Fingernagel können hier dauerhafte Beschädigungen vorgenommen werden. Gerade unter diesem Blickpunkt ist es besonders unerfreulich, dass das Scharnier des Galaxy Fold ziemlich schwergängig ist. Immerhin führt dies dazu, dass die Nutzer, um das Gerät zu schließen, unweigerlich gegen den Bildschirm drücken müssen. Wem das noch nicht reicht, der sollte beim Zuklappen das Gerät einmal ans Ohr halten. Die Geräusche, die das Galaxy Fold dabei von sich gibt, gehen spätestens beim Gedanken an den Preis schnell durch Mark und Bein.

Wenige echte Stärken

Dabei sei gar nicht geleugnet, dass der Formfaktor durchaus seine Stärken bietet. Google Maps macht sich etwa auf dem Galaxy Fold recht gut, auch das Lesen von Texten ist aufgrund der Größe des Displays nett. Der erwartete Vorteil für Videos stellt sich hingegen schnell als verfehlte Hoffnung heraus. Das liegt am Seitenverhältnis des Geräts: Bei Filmen im verbreiteten 16:9-Faktor – oder gar noch breiteren Formaten – wird ein bedeutender Teil des Displays von schwarzen Balken eingenommen. Die reale Betrachtungsfläche ist damit kaum größer als bei so manchem Smartphone. Dafür muss man beim Galaxy Fold aber noch einen großen Notch für die Frontkamera in Kauf nehmen, der einen Teil des Videos abschneidet. Zudem stören die Unebenheiten des Displays.

An der Außenseite gibt es beim Galaxy Fold dann noch ein zweites Display, dieses ist dann aber wieder so schmal, dass es wohl niemand länger freiwillig benutzt. Und nur am Rande: Ernsthaft telefonieren will mit diesem Ziegelstein wohl kaum jemand: Mit 263 Gramm hängt es sich nämlich ganz schön an

In Summe erhält man also für einen Preis von mehr als 2.000 Euro die Kombination aus einem schlechten Smartphone mit einem schlechten Tablet, die extrem für Beschädigungen anfällig ist. Auf der Habensseite bleibt hingegen? Ja was eigentlich? Ein nettes Gimmick, mit dem man auf Partys ganz gut angeben kann, sonst aber nicht viel mehr.

Fallbeispiel: Galaxy Z Flip

Vor kurzem folgte dann die zweite Hardwaregeneration von Samsung, und tatsächlich macht das Galaxy Z Flip einiges besser: Das Display ist deutlich ebenmäßiger, der Formfaktor scheint auch massentauglicher, da hier quasi ein klassisches Smartphone zum Einstecken schmaler gemacht werden kann. Und auch bei dem Scharnier gab es Fortschritte.

Doch so beeindruckend diese Fortschritte auch aus einer technischen Perspektive sein mögen, an den grundlegenden Problemen dieser Gerätekategorie ändern sie wenig. So ist auch das Galaxy Z Flip wieder äußerst anfällig für Beschädigungen unterschiedlicher Art. So hat etwa iFixit in seinem Teardown gut aufgezeigt, wie Staub die Scharnier komplett blockieren kann.

Samsungs neuestes faltbares Smartphone: das Galaxy Z Flip.
Foto: Proschofsky / STANDARD

Tarnen und Täuschen

Vor allem aber stellte sich schnell heraus, dass Samsung bei der Vorstellung nicht nur Smartphones, sondern noch etwas ganz anderes gebogen hat: die Wahrheit. Ein ultradünnes Glas aus eigener Entwicklung soll das Galaxy Z Flip besser als Samsungs Erstling in Fragen Foldables vor Beschädigungen schützen, hieß es zunächst großspurig. Wie sich später herausstellte, gibt es dieses Glas zwar wirklich, es ist aber mit einer Schutzschicht aus Kunststoff überzogen – was dazu führt, dass die Oberfläche erst recht wieder extrem leicht zu zerkratzen ist. Grund für diesen Überzug ist offenbar, dass das Glas sonst allzu leicht brechen würde. Viel zusätzlichen Schutz bietet diese Schicht aber ohnehin nicht, Testvideos zeigen, wie einfach es ist, das Glas zu punktieren – und damit dann dem darunterliegenden AMOLED-Display dauerhaften Schaden zuzufügen.

Was ebenfalls bleibt, ist die Notwendigkeit für einen deutlich abstehenden Rahmen, der das Display quasi niederdrückt – aber bei Wischbewegungen am Rand im Weg steht. Beim Preis sind wir zwar jetzt nur mehr bei rund 1.500 Euro, dafür ist die Hardware auch nicht mehr ganz auf dem aktuellen Topniveau, vor allem gibt es im Gegensatz zum Galaxy Fold keinen 5G-Support.

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Das Motorola Razr. Besser gleich wieder vergessen.
Foto: BODEHELM / AP

Andere sind noch schlechter

Immerhin muss man Samsung zugestehen, derzeit noch die am wenigsten schlechten Geräte in dieser Kategorie zu liefern. Motorolas Razr, wie das Z Flip auch im Klapphandydesign, wurde in den ersten Tests geradezu zerrissen. Noch teurer als das Samsung-Gerät bei schwächerer Hardware ist ein wenig erfolgversprechendes Rezept. Wenn sich dann bei ersten Geräten schon nach wenigen Tagen das Display vom Gehäuse löst, ist das auch nicht gerade vertrauenerweckend.

Fazit

Um es noch einmal zu betonen: Es ist erfreulich zu sehen, dass die Hersteller bei der Entwicklung von faltbaren Smartphones Fortschritte machen. Das ändert aber nichts daran, dass die gesamte Kategorie weiter von zahlreichen grundlegenden Problemen behaftet ist, die auch nicht so schnell verschwinden werden. Das ist prinzipiell nicht verwunderlich, immerhin handelt es sich dabei um eine neue Gerätekategorie, die auch neue Herausforderungen aufwirft – und diese auszuräumen dauert nun mal seine Zeit.

Das wahre Problem ist insofern, dass Samsung und Co versuchen diese Geräte mit dem Lifestyle-Schmäh an Durchschnittsnutzer zu verkaufen, anstatt sie als das zu positionieren, was sie derzeit sind: Technologiedemos. Dass man dann das Galaxy Z Flip auf den Markt geworfen hat, ohne unabhängigen Testern vorab Zugriff auf das Gerät zu geben, verstärkt diesen schiefen Eindruck noch mehr. Es scheint als wollte man mit allen Mitteln eine Wiederholung der Vorgänge rund um das Galaxy Fold verhindern. Und der einfachste Weg dafür war offenbar schlicht Vorabtests zu unterbinden.

Finger weg

Im Endeffekt zahlt man derzeit viel Geld für ein fraglos nettes Gimmick – mehr aber schon nicht. Im Gegenzug muss man dafür zahlreiche Einschränkungen und Probleme in Kauf nehmen. Wer Geld zum Verbrennen hat, kann sich so etwas natürlich trotzdem als Fünftsmartphone zulegen. Für alle anderen gilt hingegen weiterhin: Finger weg von faltbaren Smartphones! (Andreas Proschofsky, 28.2.2020)