Beim EU-Gipfel ging es zwischen den Staats- und Regierungschefs so hoch her wie schon seit Jahren nicht mehr. Das war im Grunde keine Überraschung. Wann immer es ums Geld geht, hören sich in der Gemeinschaft die Freund- und Partnerschaften zwischen den Staaten auf. Das liegt im Wesen von EU-Budgetrahmenverhandlungen.

Das Besondere bei diesem jüngsten Treffen war jedoch, unter welchen Umständen sich diese Auseinandersetzungen abspielten. Es war dies der erste EU-Gipfel ohne die Briten nach deren EU-Austritt – keine drei Wochen her. In den 47 Jahren seiner Mitgliedschaft war Großbritannien bei EU-Budgetverhandlungen stets ein höchst lästiger und offensiver Player, drängte auf möglichst knappe Gelder für Brüssel.

EU-Gipfel in Brüssel.
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Das verschaffte den übrigen 27 EU-Staaten oft die bequeme Position, sich auf den "bösen" Bruder jenseits des Ärmelkanals ausreden zu können. So war man auch seit Jahren gewöhnt, dass die EU-27 Einigkeit mimten, sich bei dutzenden Brexit-Gipfeln auf Querschüsse aus London ausredeten, wenn es in der EU wieder einmal nicht so gut lief, wenn schwache Politik und Entscheidungsschwäche zutage traten. Dieses Alibi ist nun weg. So gesehen kann man den Budgetsondergipfel als ersten Test sehen, wie es um Einigkeit, Solidarität und Stärke dieser neuen, kleineren EU bestellt ist. Der Erstbefund lautet: nicht gut.

Global Player

Es wird genauso kleinlich, egoistisch und nationalstaatlich gestritten wie seit eh und je. Im Zweifel hängen die meisten Regierungschefs an Vorteilen ihrer Länder, knausern rum, obwohl es eigentlich um relativ geringe Summen geht, die sie nach Brüssel überweisen. Dass Europa ein Global Player werden muss, das sagt man gerne in Sonntagsreden. Faktum ist, dass allein das Verteidigungsbudget der USA etwa viermal so groß ist wie das EU-Budget.

Anders als vor sieben Jahren, als der Brite David Cameron den EU-Budgetrahmen auf einen absoluten Sparhaushalt hinunterdrückte, zeigten sich die "sparsamen vier" unter den Nettozahlern – Österreich, Schweden, Niederlande und Dänemark – zwar etwas vernünftiger. Sie rückten von ihrer legitimen Ausgangsposition, auf die eigenen Steuerzahler zu schauen, frühzeitig ab, zeigten sich kompromissbereit. Ein Fortschritt zwar, aber das reicht nicht.

Die Subventionsempfänger aus Agrar- und Kohäsionsfonds bremsen bei Reformen, was das Zeug hält. Die Regierungschefs scheiterten daher am Ende blamabel. Sie sind die Totengräber Europas – wenn das so weitergeht. (Thomas Mayer, 21.2.2020)