Feministische Kunst für eine Gartenparty im Hause Reich und Schön: der "Rosengarten".

Johannes Stoll

Formuliert haben es die wenigsten so drastisch, gedacht haben es sich im Vorjahr viele: Endlich bespielt eine Frau den österreichischen Biennale-Pavillon in Venedig 2019 solo und dann kommt so ein platter Kitsch daher! Die von Skalpellen durchstochenen Rosen aus Muranoglas in Reih und Glied wirkten in ihrer Symbolik abgedroschen, der lieblich geschwungene Schriftzug "Amo Ergo Sum" hätte besser an die Wand einer Werbeagentur gepasst.

Die Kritiken aus der Heimat fokussierten sich aufs Biografische. Sie lobten (zu Recht) Leistungen der Allroundkünstlerin Renate Bertlmann als Pionierin einer feministischen Avantgarde, die nun endlich mehr Aufmerksamkeit und eine viel zu späte Würdigung erhält. Großer Werturteile zum in Venedig Gezeigten enthielt man sich eher, nur die Kunstkritikerin der britischen Tageszeitung The Guardian sprach – etwas übers Ziel hinausschießend – Tacheles und bezeichnete den österreichischen Pavillon als den schlechtesten der ganzen Biennale.

Wer Frauen ernst nimmt, muss sie im Sinne des Feminismus kritisieren – im Positiven wie im Negativen. Ein Biennale-Pavillon soll nicht das Äquivalent zu einem Oscar für das Lebenswerk sein, sondern eine aktuelle relevante künstlerische Position zeigen. Und gerade an Relevanz mangelte es dem Messerrosengarten.

So was von da

So mancher wünschte sich, diese mehr als banalen Blumen des Bösen nie wieder sehen zu müssen. Nun wachsen sie aber auch in Wien. Im mit üppigen Barockfresken ausgestatteten Carlone-Saal des Oberen Belvedere zeigt Bertlmann ein adaptiertes Raster aus 286 Rosen – in Venedig waren es 312 gewesen.

Im schwülen Ambiente des kleinen Raums vor der gemalten Scheinarchitektur wirkt das Rosenraster völlig anders als in Venedig, wo sich die Arbeit eher wie das Centrepiece für eine Gartenparty viel zu reicher Leute mit viel zu wenig Geschmack ausnahm. Nun stehen die Rosen in greifbarer Nähe, die Skalpelle wirken bedrohlich und locken dennoch wie eine heiße Herdplatte. Alles ist beengt und übertrieben, penetrant und intensiv. Und tatsächlich: Es fällt schwer, diese schrecklichen Rosen zu vergessen.

Vielleicht geht es am Ende dann ja doch gar nicht um das Gezeigte und seine Qualität, um die schnarchige Binarität zwischen Hart und Zart, Männlich und Weiblich, Skalpell und Blüte. Vielleicht geht es darum, sich als Künstlerin mit einer Selbstverständlichkeit denselben Raum zu nehmen, den sich auch nicht talentiertere, aber von sich selbst komplett überzeugte und von der Kunstgeschichte viel seltener infrage gestellte Künstler immer genommen haben. Ja, die Arbeit ist immer noch nicht gerade gut, aber sie ist so was von da. (Amira Ben Saoud, 22.2.2020)