Kräftig zugreifen heißt es bei den Kulinarik-Förderungen, denn es gibt viele Töpfe zu leeren.

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Dass in Österreich eine Hand nicht weiß, was die andere tut, soll gelegentlich vorkommen. Bei Förderungen etwa dürften Bund und Länder nicht immer bestens abgestimmt sein. Dass Regierungen seit Jahren (oder Jahrzehnten?) versprechen, hier klare Strukturen ohne Doppelgleisigkeiten zu etablieren, hat an der Vorherrschaft der Gießkanne nicht viel gerändert. Nun zeigt ein neuer Rechnungshofbericht, wie locker der Geldbeutel sitzt, wenn es gilt, österreichische Kulinarik zu unterstützen.

Allein in 107 Initiativen der Genussregionen flossen in den zehn Jahren bis 2017 rund 27 Millionen Euro an öffentlichen Mitteln (EU, Bund und Länder). Schon 2014 kam der ernüchternde Befund eines externen Beraters: Das zuständige Landwirtschaftsministerium fördere parallel laufende und konkurrierende Aktivitäten, auch der Rechnungshof zerpflückte das Förderwesen damals.

Reform stockte

Daraufhin wurde das Ministerium tätig und engagierte einen Koordinator für die unterschiedlichen Subventionsnehmer. Dafür wurde bis 2022 ein Auftragswert von 10,5 Millionen Euro veranschlagt, optional weitere sieben Millionen. Doch die geforderte Entwicklung einer Gesamtstrategie kam nicht voran.

Köstinger meint, es gebe mittlerweile eine Gesamtstrategie.
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Obwohl die neue Netzwerkstelle Ende 2016 ein Konzept vorlegte, gab es zwei Jahre später immer noch "keine umsetzbare österreichweite Gesamtstrategie zur Koordinierung der weiterhin bestehenden kulinarischen Initiativen", hält der Rechnungshof in seinem neuen Bericht vom Freitag fest. Das lag auch daran, dass die staatliche Agrarmarkt Austria gemeinsam mit einem privaten Partner – Bio-Pionier Werner Lampert – die Netzwerkstelle Kulinarik bildete. Lampert sprang rasch ab.

Weitere Förderungen

Was freilich nichts daran änderte, dass weiter trotz Kritik viel Geld in die verschiedenen Aktivitäten gepumpt wurde. Vermarktungsinitiativen, die Netzwerkstelle Kulinarik sowie zwei eigens gebildete Cluster verschlangen rund 16 Mio. Euro an öffentlichen Mitteln, heißt es in dem Bericht.

Dem Landwirtschaftsministerium werfen die Prüfer vor, dass es "verschiedene, teilweise konkurrierende kulinarische Initiativen auf Produktebene und im Gastronomiebereich förderte, ohne diese zu koordinieren und im Rahmen einer umfassenden Strategie zu steuern".

Länder zahlen zusätzlich

Und was sagt Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) zu der Rüge? Das Ministerium teilte dem Rechnungshof in seiner Stellungnahme mit, dass im Mai des Vorjahres eine verbindliche Gesamtstrategie präsentiert worden sei – also vier Jahre nach der kritischen Evaluierung.

Ähnliche Vorgänge orten die staatlichen Prüfer in Niederösterreich und Oberösterreich, wo ebenfalls Einblick genommen wurde. Beide Länder pumpten von 2014 bis 2017 je mehr als drei Millionen Euro in die Genussland-Initiativen, ohne sie mit anderen Aktivitäten auf Landes- oder Bundesebene zu koordinieren.

Gütesiegel-Wildwuchs

Damit nicht genug: Auch der Wildwuchs der Gütesiegel missfällt dem Rechnungshof. Sein Urteil im gleichen Prüfbericht: Bei den mehr als 100 Qualitätszeichen, die im österreichischen Lebensmittelsektor eingesetzt werden, fehle es an Mindeststandards. Verbindliche Bestimmungen für die Kennzeichnungen wären "eine wichtige Basis im Sinne des Verbraucherschutzes sowie für die amtliche Lebensmittelkontrolle", so der Rechnungshof.

Konsumenten könnten die Kriterien der einzelnen Siegel gar nicht oder nur mit großem Aufwand nachvollziehen, heißt es weiter. Und: Selbst wenn sich das ein Verbraucher antut, weiß er nicht, ob die selbst zurechtgeschnittenen Kriterien für die Herstellung von Fleisch, Milch oder Mehl auch eingehalten werden.

"Fehlende Transparenz"

Die staatlichen Prüfer sprechen von "fehlender Transparenz sowie einer unzureichenden Strategie gegen mögliche Irreführung und Täuschung von Konsumentinnen und Konsumenten". Neben klaren Mindestanforderungen für Qualitätszeichen spricht sich der Rechnungshof für verbindliche Standards aus, die Kontrollorgane einhalten müssen, wenn sie die Verpackungen von Lebensmitteln begutachten.

Konkret hat sich der Rechnungshof die Überprüfung in Niederösterreich und Oberösterreich angesehen. Er fand dort keine Anhaltspunkte für die Überprüfung von freiwilligen privaten Qualitätszeichen im Rahmen von amtlichen Lebensmittelkontrollen im Hinblick auf ihre Täuschungseignung. (Andreas Schnauder, 21.2.2020)