Das waren noch Zeiten, als man noch ein verwegener Hund war, wenn man im Winter die dicke Jacke in sein E-Auto warf und losfuhr. Mit einer Normreichweite von über 300 Kilometer kann man im neuen Ioniq electric inzwischen auch als Pendler zwischen Wien und Eisenstadt ganz normal die Heizung aufdrehen – auch am Lenkrad und Sitz.

Fescher ist er geworden, der Hyundai Ioniq electric, durch das Facelift. Bis zu 300 Kilometer weit kommt er nun, er ist praktisch und komfortabel. Ein richtiges Mittelklasseauto halt, nur ein wenig teurer in der Anschaffung und viel entspannter zu fahren. So stört auch der Frontantrieb nicht.
Foto: Guido Gluschitsch
Grafik: der Standard

Selbst bei diesen sehr ungünstigen Bedingungen für ein E-Auto, also Kälte und viele Autobahnkilometer, kommt der Ioniq electric auf eine Reichweite von über 250 Kilometer. Da würde es im Grunde reichen, ihn alle zwei Tage an die Dose zu hängen. Das hätten wir uns beim Vorgänger nicht getraut – und machten das auch jetzt nicht. Denn wo eh schon eine Steckdose ist, hängt man ihn halt an, wenn man dort steht. Das hatte zur Folge, dass in dem zwei Wochen dauernden Test die Akkustandsanzeige nie unter 50 Prozent rutschte. Auch das war beim Vorgänger noch anders.

Rekuperieren im Stadtverkehr

Überhaupt scheint der neue Ioniq electric sehr durchdacht. So reicht es etwa, wenn man auf eine Kolonne aufschließt, etwa an einer Ampel, den Fuß vom Gas zu nehmen. Durch die Abstandsmessung, die ja eigentliche zum Tempomaten gehört, berechnet der Wagen selbst, wie er am besten verzögert. Das macht er über die Rekuperation, gewinnt also selbstständig Bremsenergie zurück. Das ist beim ersten Mal zwar noch ungewohnt, danach möchte man die Funktion aber nicht mehr missen – gar nicht, weil sie energiesparend, sondern weil sie so komfortabel ist.

Beim Design wurde dort und da nachgebessert, aber nicht so wild, dass man den Ioniq nicht wieder sofort als diesen erkennen würde.
Foto: Guido Gluschitsch

Wie im Grunde auch der adaptive Tempomat mit Lenkassistent. Er hält wie all seine Kollegen bei modernen Autos den vordefinierten Abstand zum Vordermann ein, ist der nicht da, fährt er bis zur vordefinierten Maximalgeschwindigkeit und hält das Auto aktiv in der Fahrspurmitte. Dabei lenkt der Assistent aber auffällig viel. Ständig macht er kleine Korrekturen. Das ist, wie wenn dir dauernd einer auf die Finger klopft, denn ja, die Hände müssen am Lenkrad sein. Das können andere Hersteller besser. Dafür ist der Hyundai nicht so störrisch, dass er dich partout nicht für das Bilden der Rettungsgasse auf die Seite fahren lässt. Da beharren andere Lenkassistenten nerviger darauf, schon zu wissen, wo das Auto hingehört.

Der Kofferraum ist groß genug, um neben den Kabeln auch noch einen Monatseinkauf unterzubringen.
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Dafür ist der Spurhalteassistent, also der Helfer, der das Fahrzeug nicht in Fahrbahnmitte hält, sondern nur dann mit einem Lenkeingriff reagiert, bevor man die Fahrbahnmarkierung überfährt, schon beim Starten aktiv – das heißt, man muss ihn jedes Mal bewusst abdrehen.

Aber das verzeihen wir dem neuen Ioniq electric, weil abseits davon das Fahren sehr entspannt ist. Obwohl, neuer Ioniq. Na ja. Eigentlich ist es ja nur ein Facelift, das Hyundai dem Ioniq hat angedeihen lassen. Man erkennt es sofort am neuen Kühlergrill, der nun nicht mehr aussieht, als hätte man dem Ferialpraktikanten gesagt: "Des Loch vorn, des machst noch schnell zu."

Die Anzeige im Ioniq electric. Der Eco-Modus reicht für das tägliche Pendeln vollauf. Im Eco+ wäre der Ioniq noch sparsamer. Er geht dann aber nur mehr 90 km/h, und die Klimatisierung wird abgedreht.
Foto: Guido Gluschitsch

Beim Design haben sich mehrere Details verändert. Da sind etwa die anderen Felgen, ein neues LED-Tagfahrlicht-Gesicht und innen das überarbeitete Armaturenbrett mit dem acht Zoll großen Touchscreen. Im gleichen Aufwischen (sic!) hat Hyundai auch eine App programmiert, mit der man diverse Status des Autos abfragen kann – und worauf die Generation Wisch-Tatsch sonst noch steht. Den alten Pendler aus dem Burgenland zieht das nicht in den App-Store. Der freut sich über den größeren 38,3-kWh-Akku und die Fähigkeiten des teilautonomen Fahrens und den Verbrauch von 14,7 kWh im Schnitt.

Neu ist der acht Zoll große Screen. Einen ordentlichen Haufen Knöpfe gibt es im Auto aber weiterhin.
Foto: Guido Gluschitsch

Das schaut im echten Leben dann so aus, dass man den adaptiven Tempomaten auf 110 km/h stellt und mehr oder weniger nur darauf wartet, bis man daheim ist. Und wenn man einmal hinter einem Lkw hängt, ist das auch egal, man ist halt drei Minuten später zu Hause. Man wird ziemlich gelassen im Ioniq electric und nutzt die Zeit, um sich zu fragen, wie schön wohl die Frauen derer sein müssen, die sich auf den Spuren links von einem gegenseitig fast in die Stoßstange fahren, damit sie schneller daheim sind. Deren Mutprobe wird ja wohl hoffentlich nicht daheim sitzen. (Guido Gluschitsch, 26.2.2020)