Andreas Schmitt hielt beim Mainzer Karneval eine harsche Büttenrede gegen rechts.

Foto: SWR/Volker Oehl

Auch wer in Deutschland mit Karneval nichts am Hut hat, kommt in diesen Tagen kaum daran vorbei. Beim abendlichen Zappen stolpert man immer in irgendeine der vielen Fernsehsitzungen – und oft meist schnell wieder raus.

Am Freitag allerdings sorgte der in karnevalaffinen Kreisen äußerst populäre, im Rest der Republik eher unbekannte Andreas Schmitt für einen so denkwürdigen Auftritt, den sogar Youtuber Rezo (der mit dem kritischen CDU-Video) lobte: "Wenn die Lines an Karneval mehr hitten als die Lines der halben Deutschrap-Szene. Nicer Typ."

Der 57-jährige Schmitt aus Rheinland-Pfalz ist beim Klassiker "Mainz bleibt Mainz" Sitzungspräsident und gibt seit Jahren den "Obermessdiener am Hohen Dom zu Mainz, der der Politik die Leviten liest. Auch dieses Jahr, zwei Tage nach dem rassistischen Terroranschlag von Hanau, stieg er "in de Bütt", rechnete bei der Liveübertragung aus dem Kurfürstlichen Schloss mit der AfD ab und machte diese für das verrohte Klima im Land verantwortlich.

"Die Morde von Hanau, die Schüsse auf die Synagoge in Halle – ob Juden, Christen, Muslime, das war ein Angriff auf alle. Wir leben hier zusammen, die Demokratie wird triumphieren, dieses Land werdet ihr niemals regieren", sprach er im rot-weißen Kirchengewande von seiner Kanzel herab und erntete damit tosenden Applaus. 5,46 Millionen Zuseher waren live dabei, im Internet wurde die Rede zum Klickhit.

SPD-Politiker und Familienvater

Schmitt bekämpft die AfD nicht nur im Karneval, sondern auch als Politiker. Der Vater zweier erwachsener Söhne ist Vize-Chef der SPD-Fraktion im Stadtrat von Nieder-Olm, zehn Kilometer von Mainz entfernt. Vor ein paar Jahren hat er nach Kritik an der AfD eine anonyme Drohung erhalten, in der er als "fette SPD-Sau" beschimpft wurde.

Als "Obermessdiener" thematisiert er aber auch Missstände in der katholischen Kirche. Schmitt ist selbst katholisch und sagte in einem Interview mit der Allgemeinen Zeitung einmal: "Es kann auch schön sein in der Kirche" – und dass er seit seiner Kindheit eine Verbundenheit mit dem Glauben habe.

Ideen für seine Auftritte sammelt er das ganze Jahr, früher schrieb er auf Zettel, jetzt kommt das Sprachmemo aufs Handy. Ab November bereitet er sich für seine Auftritte vor. Im richtigen Leben trägt er kein Messgewand, aber er arbeitet für die Kirche. Schmitt ist im Bistum Mainz für die EDV zuständig. (Birgit Baumann, 23.2.2020)