Eine andere Drohne.

Foto: APA/zb/Klaus-Dietmar Gabbert

Die Natur haben sich Forscher der Universität Graz zum Vorbild genommen, um Drohnen sicherer fliegen zu lassen: Sie wollen die Fähigkeiten von Wanderheuschrecken auf das Flugverhalten von Drohnen übertragen, um etwa Kollisionen mit Vögeln oder Bäumen zu vermeiden. Im Herbst 2021 wollen sie einen Demonstrator mit entsprechendem Sensor vorstellen, der zuverlässig Ausweichmanöver ausführen kann.

Die Vision des Projekts "BioKollAvoid" (Bionic Kollision Avoid) am Institut für Biologie der Universität Graz ist folgende: Kleine unbemannte Luftfahrzeuge, kurz Drohnen, sollen Pakete vom Absender bis zur Haustüre des Empfängers kostengünstig, schnell und – für alle Beteiligten besonders wichtig – kollisionsfrei liefern. Um das zu erreichen, nützt das Team rund um den Zoologen Manfred Hartbauer die visuellen Fähigkeiten von Wanderheuschrecken.

Vorbilder

"Wanderheuschrecken sind deswegen interessant, weil sie in großen Schwärmen fliegen und auf sich nähernde Objekte, wie etwa Raubvögel, reflexartig reagieren. So weichen einzelne Individuen in Schwärmen mit bis zu zehn Millionen Insekten gekonnt Hindernissen aus, ohne dabei zu kollidieren", erklärte Hartbauer gegenüber der APA.

Das Anti-Kollisionsverhalten von Heuschrecken wird seit den 60er-Jahren erforscht. So weiß man, dass Insekten auf bestimmte visuelle Features wie die abrupte Kantenexpansion reagieren. Wenn ein Objekt auf Kollisionskurs ist, dann werden dessen Kanten größer, je näher es kommt, erläuterte der Forscher. Dieses Indiz würde in Heuschrecken sehr schnell extrahiert und an spezielle Neuronen weitergeleitet, laut Hartbauer sogenannte Kollisionsdetektorneuronen.

Um diese Fähigkeit der Heuschrecken zu nutzen, brachten die Forscher Elektroden an den zwei Kollisionsdetektorneuronen der Tiere an. "Über zwei gekrümmte Monitore werden den Insekten verschiedene Szenen vorgespielt, vergleichbar mit in einem IMAXX-Kino", beschrieb Hartbauer. Drohe ein Zusammenstoß, etwa mit einem Baum oder einer Hausmauer, dann würden die Kollisionsdetektorneuronen "feuern". Die Grazer Forscher können das "Neuronenfeuer" messen. Was im Gehirn der Heuschrecke vor sich geht, wird in verarbeiteter Form von Partnern an der FH Joanneum in Form eines Algorithmus auf einen Chip gespeichert. Dieser soll in die Drohne integriert werden, sodass die Drohnenkamera mögliche Kollisionsobjekte besser erkennt und die Drohne ihnen ausweichen kann.

Einschränkungen

Allerdings können nicht alle Kollisionsobjekte auf diesen Weg detektiert werden, schränkte Hartbauer ein. "Manche Objekte tauchen schlicht und einfach zu spät im Sichtfeld der Drohne auf. In so einem Fall kann unser System keine Wunder bewirken, es braucht eine gewisse Reaktionszeit", erklärte der Grazer Biologe. Deswegen arbeite man mit der Grazer Firma Drone Rescue Systems Inc. zusammen, die einen Drohnen-Bremsfallschirm für den Notfall entwickelt hat.

Laut Hartbauer gibt es bereits einen Prototypen in Form einer Hardwareplatine mit einem Chip, der Kamerasignale verarbeiten könne. Vor Testflügen in der Natur soll das System jedoch noch am österreichischen Fraunhofer Institut an der TU Graz in einer virtuellen Flugumgebung getestet werden.

Für den Sommer 2021 sind reale Drohnenflüge geplant. Im Oktober 2021 soll dann ein fertiges Modell mit optischem Kollisionssensor vorgestellt werden, das zuverlässig Ausweichmanöver ausführen kann. Damit könnte laut den Forschern nicht nur ein Schritt in Richtung autonome Paketboten gewagt werden, sondern ebenso Know-how für andere Technologien, wie unter anderem selbstfahrende Fahrzeuge, gewonnen werden. (APA, 24.2.2020)