"Lernsieg" ist wieder da.

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Selten hat eine Smartphone-App für derart viel Aufregung gesorgt. Nach einer Zwangspause ist die Lehrerbewertungs-App "Lernsieg" seit Montagvormittag wieder da. Im App-Store von Apple und im Playstore von Google ist die App bereits zu finden. Am Programm selbst haben die Entwickler keine Änderungen vorgenommen. Das war nicht nötig, da die Datenschutzbehörde die App prüfte und keine "einzige Änderung" forderte, wie der 18-jährige Erfinder Benjamin Hadrigan am Montag bei einer Pressekonferenz sagte.

Dafür präsentierte er neue Investoren. So sind nun der Salzburger Christian Dreyer und die Firma Empire Invest an Bord. Über die Höhe des Investments wollte Hadrigan nichts sagen. Er stellte aber klar: "Wir sind keine Charity-App. Natürlich wollen wir Geld verdienen." Ausgeschlossen sei aber ein Verkauf der Handynummern der Schüler. Diese würden nur abgefragt, um sicherzustellen, dass Schüler nur eine Schule beziehungsweise deren Lehrer bewerten. "Wir werden niemals Nummern verkaufen oder sonst etwas damit zu Marketingzwecken machen."

Möglich sei aber etwa eine Vermittlung von Nachhilfelehrern über die Plattform oder klassische Werbung, so Hadrigan. Welche Werbeschaltungen akzeptiert werden, soll ein Schülergremium mitentscheiden. Nicht vorstellbar sei für ihn etwa McDonald's, unproblematisch aber Werbung für Schulzubehör etwa von Handelsketten oder die Ankündigung eines neuen Films durch eine Kinokette.

90.000 Lehrer

Für die App wurde eine Datenbank mit rund 90.000 Lehrern und den entsprechenden Schulen angelegt. Dort können Schüler ihre Pädagogen ab der AHS-Unterstufe beziehungsweise Neuen Mittelschule (NMS) in Kategorien wie Unterricht, Fairness oder Pünktlichkeit bewerten und bei weniger als fünf Sternen in vorgegeben Unterkategorien konkretisieren, welche Mängel es gibt. Für jede Schule gibt es dann ein Ranking der "besten" Lehrer und neben dem jeweiligen Schulprofil auch ein Ranking der zehn besten Schulen in Kategorien wie Lehrangebot oder neue Medien. Eine Kommentarfunktion hat die Anwendung nicht, um Diffamierung auszuschließen. Diese könnte allerdings kommen, so Hadrigan.

Zum Nachhören: Wieso "Lernsieg" die Lehrer so erzürnt.

Hassnachrichten

Nach dem Start der App hatte nicht nur Hadrigan mit Hassnachrichten gegen sich zu kämpfen. Bildungsministerium und Lehrergewerkschaft hatten auch infrage gestellt, ob bei "Lernsieg" die Persönlichkeitsrechte der beurteilten Lehrer gewahrt und alle Datenschutzbestimmungen eingehalten werden. Ein von ihnen beauftragtes Gutachten ergab schließlich, dass Lehrerbewertungsplattformen im Internet grundsätzlich zulässig sind.

Der Erfinder der App, der 18-jährige Benjamin Hadrigan, bei der Pressekonferenz am Montag.
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Der Autor Nikolaus Forgo, Professor für Technologie- und Immaterialgüterrecht der Uni Wien, äußerte allerdings "erhebliche Bedenken" bei der Verarbeitung von Schülerdaten. Die Datenschutzbehörde hat die Plattform ebenfalls unter die Lupe genommen, das Verfahren allerdings eingestellt. Die Verarbeitung der Lehrerdaten stehe im Einklang mit den Grundsätzen der Datenschutzgrundverordnung, so ihr Befund.

DER STANDARD fragte bereits im November vergangenen Jahres Schüler, was sie von der App halten.
DER STANDARD

Lehrergewerkschaft auf den Barrikaden

Auf wenig Gegenliebe stößt das "Lernsieg"-Comeback bei der Lehrergewerkschaft, die seit dem Start erbitterten Widerstand gegen das Projekt leistet. Schon im vergangenen Jahr hat man mehrere Musterklagen vorbereitet, von denen eine bereits zur Verhandlung zugelassen ist.

"Dabei geht es nicht um einen Konflikt des Paul Kimberger", betonte der oberste Lehrervertreter. "Es haben sich tausende Kolleginnen und Kollegen an die Gewerkschaft Öffentlicher Dienst gewandt, damit ihre Rechte gewahrt bleiben."

Kimberger sieht durch die App nicht nur Datenschutz und Persönlichkeitsrechte verletzt, er vermutet dahinter auch eine "riesige Handynummersammelaktion". Mit einer Verweigerung von Feedback habe der Widerstand nichts zu tun. "Die Frage ist, ob sich alles im Leben in Sternchen und Likes pressen lässt – vor allem, wenn es um den zwischenmenschlichen Bereich geht."

Hadrian gelassen: "Große Angst haben wir nicht"

In der Vergangenheit kommentierte Kimberger das Bewertungsprinzip der App bereits mit: "Bildung ist keine Pizzabestellung." Den Entscheid der Datenschutzbehörde hält man für einen Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz und somit für potenziell verfassungswidrig. Hadrigan sieht den möglichen Klagen gelassen entgegen, da die Datenschutzbehörde ihren Sanktus gegeben habe: "Große Angst haben wir nicht."

Die Gefahr eines Missbrauchs der App für falsche Bewertungen sieht Hadrigan als eher gering an. "Bei jeder Bewertungsplattform gibt es Spielraum." Wenn vereinzelt Schüler Lehrer bewerten, die sie gar nicht haben, werde das das Gesamtergebnis nicht verfälschen. Es werde sich auch kaum jemand 20 Smartphones besorgen, nur um einen Lehrer schlecht dastehen zu lassen.

Den Vorteil seiner App gegenüber den schon derzeit möglichen freiwilligen Qualitätssicherungsverfahren an den Schulen sieht Hadrigan in der Öffentlichkeit der App: Die derzeitigen Feedback-Möglichkeiten führten zu keinen Konsequenzen und könnten einfach in der Schublade der Direktoren verschwinden. (sum, 24.2.2020)