In Hebron werben Wahlplakate für die verschiedenen zur Wahl antretenden Parteien und Allianzen.

Foto: AFP/HAZEM BADER

Eine Woche vor der israelischen Parlamentswahl ist der Konflikt zwischen Israel und militanten Palästinensern im Gazastreifen erneut in Gewalt ausgeartet. Die jüngste Eskalation begann am Sonntag, als die israelische Armee, die IDF, einen Kämpfer der Terrororganisation Islamischer Jihad (IJ) tötete, der offenbar eine Bombe an der israelischen Grenze legen wollte. Ein Video, das sich in den sozialen Medien verbreitete, zeigt, wie ein israelischer Armee-Bulldozer anschließend die Leiche des Kämpfers vom Boden aufliest – ein Akt, den nicht nur Palästinenser, sondern auch Israelis als inhuman kritisierten.

Israels Verteidigungsminister Naftali Bennett verteidigte die Szene auf Twitter: "Ich stehe hinter der IDF, die den Terroristen getötet und seine Leiche aufgesammelt hat." Er hoffe, den Toten gegen die Leichen zweier israelischer Soldaten eintauschen zu können, die die Hamas in Gaza hält.

Der IJ feuerte am selben Abend dutzende Raketen gen Israel. Einige davon fing das Raketenabwehrsystem Iron Dome ab. Sonntagnacht schlug die IDF zurück: Sie bombardierte Einrichtungen des IJ in Gaza sowie, ungewöhnlicherweise, eine Fabrik in Syrien, in der Waffen für den Islamischen Jihad produziert werden sollen.

Nach Angaben des IJ und der Nichtregierungsorganisation Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte wurden dabei sechs Menschen getötet: zwei IJ-Kämpfer und vier Mitglieder einer proiranischen Miliz. Am Montag feuerte der IJ weitere Raketen auf israelische Städte ab, woraufhin die IDF erneut zurückschlug. Schulen in den betroffenen israelischen Städten blieben geschlossen.

Innenpolitische Signale

Manche Analysten vermuten, die Provokation des IJ an der Grenze könnte innenpolitischen Zwecken dienen: Denn kurz zuvor hatte dessen Rivale, die Gaza beherrschende Hamas, einige Zugeständnisse von Israel für sich verbuchen können, etwa eine Ausweitung der Fischereirechte.

Eine Woche vor der israelischen Wahl könnte die Eskalation dem Premier Benjamin Netanjahu nützen, der sich gern als "Mr. Security" profiliert. Sein Likud liegt in Umfragen derzeit vor dem oppositionellen Blau-Weiß-Bündnis des früheren Armeechefs Benny Gantz. Zugleich setzt der Raketenbeschuss Netanjahu unter Zugzwang. Seinen markigen Worten zum Trotz hat er in Gaza meist vergleichsweise zurückhaltend agiert – und wird dafür nun sowohl von seinen rechten Partnern als auch von der Opposition kritisiert.

Der Druck steigt: Sicherheitsminister Gilad Erdan sagte am Montag in einem Radiointerview, Israel könnte sich womöglich noch vor der Wahl für eine "großangelegte Operation" entscheiden. (Mareike Enghusen aus Tel Aviv, 24.2.2020)