Selfie des Nasa-Landers Insight vom Mai 2019.

Foto: NASA/JPL-Caltech

Die Rammsonde HP3 auf der Marsoberfläche im vergangenen Oktober.

Foto: NASA/JPL-Caltech

Seit November 2018 befindet sich der Nasa-Lander Insight auf dem Mars. Ziel der Mission ist es, mehr über die geologische Entwicklung unseres Nachbarplaneten herauszufinden. Vergangenen April registrierte Insight erstmals ein Marsbeben und lieferte damit den Nachweis, dass der Rote Planet nach wie vor seismisch aktiv ist. Seither wurden knapp 450 Marsbeben beobachtet, jetzt legt ein internationales Forscherteam gleich sechs Studien zu den ersten wissenschaftlichen Ergebnissen der Mission vor.

Wie die Forscher in "Nature Geoscience" und "Nature Communications" berichten, wurden mittlerweile 174 Marsbeben ausgewertet, die in den ersten zehn Monaten der Mission aufgezeichnet worden waren. Die vielen Ereignisse würden zeigen, dass Mars ein seismisch aktiver Planet ist, der tektonische Vorkommen vor allem in der Region Cerberus Fossae zeigt.

Lange Beben

"Das passt auch gut mit optischen Beobachtungen über Verwerfungen in dieser Region zusammen", sagte Günter Kargl vom Institut für Weltraumforschung (IWF) der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) in Graz, der Teil des Forscherteams ist. "In Summe ist Mars aktiver als viele erwartet haben, aber die Daten stimmen ganz gut überein mit Vorhersagen von Modellen, die während der Planung der Mission gemacht wurden."

Von den bisher ausgewerteten Marsbeben hatten 24 Magnituden zwischen 3 und 4. Die Wellen dieser Beben breiten sich durch den Marsmantel aus. Die anderen 150 Ereignisse hatten vergleichsweise kleine Magnituden, geringere Herdtiefe und Wellen mit höherer Frequenz, die sich nur in der Kruste des Planeten ausbreiteten. "Marsbeben weisen ähnliche Eigenschaften auf, wie sie bereits während der Apollo-Ära auf dem Mond beobachtet wurden. Sie dauern mit zehn bis 20 Minuten lange, da ihre Wellen aufgrund von Eigenheiten der Marskruste stark streuen", sagte Studienautor Domenico Giardini von ETH Zürich.

Tektonische Spannungen

Die Wissenschafter vermuten, dass die seismische Aktivität auf dem Mars nicht nur eine Folge der Abkühlung und damit des Schrumpfens des Planeten ist, sondern auch durch tektonische Spannungen verursacht wird. Die gesamte auf dem Mars freigesetzte seismische Energie liegt zwischen derjenigen der Erde und derjenigen des Mondes.

Der Marslander ist mit einem Seismometer und einer Rammsonde ausgestattet. Die Sonde HP3, die den Wärmefluss im Marssediment ermitteln soll, wird quasi in den Boden gehämmert und liefert dabei unterschiedliche Daten über die Bodenzusammensetzung. Allerdings gab es dabei Probleme, die gewünschte Bodentiefe konnte bisher nicht erreicht werden. Das Seismometer der Mission – mit dem passenden Namen Seis – erfasst auch das Hämmern der Mess-Sonde HP3. Wissenschafter des IWF in Graz sind an der Auswertung der Daten dieses Geräts beteiligt. Sie analysieren aus den Messergebnissen die bodenmechanischen Eigenschaften.

Maulwurf in Not

Trotz der Probleme mit der Rammsonde konnten damit die physikalischen Eigenschaften der unmittelbar unter dem Seismometer liegenden Bodenschichten abgebildet werden. Demnach ist Insight auf einer dünnen, sandigen Schicht von wenigen Metern Tiefe gelandet, die in der Mitte eines 20 Meter großen, alten Einschlagkraters liegt. In größerer Tiefe sind die Eigenschaften der Marskruste mit den kristallinen Grundgebirgen der Erde vergleichbar, sie scheint aber stärker zerklüftet zu sein, berichten die Forscher.

"Der Boden unter Insight ist unter einer dünnen zementierten Schicht deutlich lockerer als jemals vorhergesehen wurde. Es hat sich um HP3 ein Krater gebildet, wo das Material seitlich und nach unten zerbröselt. Damit ist derzeit ein tieferes Vordringen schwierig", sagte Kargl.

"Hardcore-Grundlagenforschung"

Für die weitere Auswertung der Vortriebsdaten des Marsmaulwurfs HP3 sei man daher "derzeit etwas auf Standby", wie es Kargl formulierte. Das gleiche gelte auch für die Wärmeflussdaten, die sich die Grazer Wissenschafter anschauen wollen. Prinzipiell sei die Mission ja auf mindestens zwei Erdjahre ausgelegt und man sei zuversichtlich, dass die Mission auch darüber hinaus in die Verlängerung gehen kann.

Das Zusammenspiel der bisherigen HP3-Daten und der seismologischen Auswertungen habe bereits ein sehr komplexes Bild der unmittelbaren Umgebung von Insight ergeben. "Die Daten, die produziert werden, sind vielleicht nicht ganz so sexy, wie die immer neuen Rover-Bilder, aber es ist Hardcore-Grundlagenforschung, die uns hilft, diesen Planeten und Planeten im Allgemeinen besser zu verstehen", sagte Kargl. (dare, APA, 24.2.2020)