Jac Berrocal (Mitte) veröffentlichte zuletzt mit seinen Begleitern David Fenech und Vincent Epplay atmosphärisch dichte, dunkle Alben wie "Antigravity".

Foto: Klanggalerie

Das Bestreben, sich konsequent zwischen die Stühle zu setzen, muss zwar aus ökonomischer Sicht als nicht gerade erfolgversprechend gewertet werden. Mit mittlerweile 73 Jahren auf dem Buckel gilt der französische Musiker Jac Berrocal möglicherweise auch aufgrund eines unsteten Lebenswandels noch immer als schwer berechenbare Größe.

Abgesehen davon, dass Berrocal als wehmütiger, im Hallraum agierender Trompeter und Soundpoet irgendwo im Nimmerland zwischen freier Improvisation, Cool und Free Jazz, "primitivem" Rock ’n’ Roll, diversen östlichen Weltmusiken und sanft gesprochener Beatpoesie über die Jahrzehnte mitunter schwer zu verfolgende Spuren in der Musik hinterlassen hat.

fida le rebbec

Wie der auch fürs Theater und den Film arbeitende Jac Berrocal zuletzt 2015 mit einem aus ihm selbst sowie den Multiinstrumentalisten David Fenech und Vincent Epplay bestehenden Trio auf dem Album Antigravity (Blackest Ever Black) unter Beweis stellen kann, sind ihm auch modernere Sounds kein spanisches Dorf in Usbekistan. Dort sind zwischen 2012 und 2017 unter anderem Aufnahmen für die neue CD Ice Exposure auf dem Wiener Label Klanggalerie entstanden.

Mittlerweile hört man längst auch Industrial- und Dub-Einflüsse, werden Field-Recordings und Tonbandschnipsel mit Plattenspieler-Spielereien und kuriosen antiken Instrumenten wie dem Persephone-Synthesizer aus den Gründertagen der elektronischen Musik kurzgeschlossen.

Blackest Ever Black

Es ist eine frei fließende, oft freundlich-dunkle Musik, die Jac Berrocal über die Jahre auch schon mit so unterschiedlichen Musikern wie dem französischen Kinderinstrumentenkönig Pascal Comelade, Komponist Rhys Chatham oder Jaki Liebezeit von Can zusammengebracht hat.Sein repetitiver Klassiker Rock ’n’ Roll Station rettete dem britischen Rock ’n’ Roller Vince Taylor, der einst David Bowie für Ziggy Stardust als Vorbild diente, in den 1970er-Jahren ein letztes Mal vor dem Ruin. Später wurde der Song von Nurse With Wound gecovert und von Berrocal auf Antigravity neu interpretiert.

Am 11. Juni ist Jac Berrocal mit seinem Trio übrigens gemeinsam mit Colin Potter von Nurse With Wound live in Wien im Grillx am Petersplatz zu erleben. Pflicht. (Christian Schachinger, 24. 2. 2020)