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Exparteichef Heinz-Christian Strache bei einer Demonstrationen rund um das Islamische Zentrum in Wien-Brigittenau im Jahr 2009: Die FPÖ mobilisiert schon seit Jahren gegen Muslime.

foto: picturedesk/halada

Wien – Die FPÖ fahre eine "rassistische Dauerkampagne" gegen Muslime, sagt Alexander Pollak, Sprecher der Menschenrechtsorganisation SOS Mitmensch. Das habe sich auch 2019 wieder an etlichen Beispielen von "Angriffen auf Menschen allein aufgrund ihrer angenommenen oder tatsächlichen muslimischen Religionszugehörigkeit" durch hochrangige freiheitliche Politiker gezeigt.

Die Menschenrechtsgruppe hat im vergangenen Jahr 21 einschlägige Vorfälle und Kampagnen dokumentiert: 19 gingen von hochrangigen FPÖ-Politikern, zwei von ÖVP-Repräsentanten aus. Der Bericht über "antimuslimischen Rassismus in der österreichischen Politik" im Jahr 2019 wurde am Mittwoch in Wien bei einer Pressekonferenz mit der Politikwissenschafterin Kathrin Stainer-Hämmerle und dem Rassismusexperten Benjamin Opratko vorgestellt.

Es ist der zweite Report dieser Art. Der erste, vor einem Jahr veröffentlichte hatte sich auf Beobachtungen 2018 bezogen – und ausschließlich Aktivitäten der FPÖ umfasst.

FPÖ gegen freie Tage für muslimische Schüler

Die FPÖ tat sich im Ibiza-Jahr 2019 zum Beispiel Anfang Juni in einer konzertierten Propagandaaktion gegen schulfreie Tage für muslimische Schülerinnen und Schüler hervor. Der Erlass, Kindern verschiedener Religionen diese Möglichkeit zu eröffnen, war noch unter der türkis-blauen Bundesregierung ergangen, die aber bereits gescheitert war.

Ausgehend von einem Video auf FPÖ-TV, das Bilder einer Frau in einem Schwimmbad zeigte, meldeten sich in den folgenden Tagen mehrere blaue Parteigranden zu Wort. "Während unsere Kinder die Schulbank drücken, dürfen Muslime zu Hause bleiben, lassen es sich gutgehen und sich womöglich im Freibad die Sonne auf den Bauch scheinen", hieß es in dem Film.

Landbauer, Strache, Nepp

"Diese Bevorzugung islamischer Schüler ist untragbar und muss umgehend rückgängig gemacht werden", postete der niederösterreichische FPÖ-Landesparteiobmann und Klubobmann Udo Landbauer auf Facebook. Exvizekanzler und -parteiobmann Heinz-Christian Strache tat es ihm mit denselben Worten gleich – und der Wiener FPÖ-Vizebürgermeister Dominik Nepp schrieb: "Schulfrei zu Ramadan? SICHER NICHT!"

"Wenn derlei Kampagnen auf Kinder abzielen, geht einem das besonders nahe", sagt Pollak. Insgesamt hätten sich gezielte FPÖ-Angriffe auf Muslime quer durchs Jahr 2019 gezogen – von der Polemik des ressortlosen Wiener FPÖ-Vizebürgermeisters Nepp gegen sogenannte "Scharia-Eltern" im Jänner bis zur "Warnung" des FPÖ-Obmanns Norbert Hofer, dass Österreich zu "einem muslimischen Staat" werde, "in dem unsere Kinder eine bedrohte Minderheit sind".

KZ-Besuche als Muslimenpflicht

Das habe den politischen Diskurs insgesamt beeinflusst – bis hin zur ÖVP. "Ein klarer Fall von antimuslimischem Rassismus" sei etwa eine Äußerung der früheren ÖVP-Staatssekretärin im Innenministerium und jetzigen EU-Kanzleramtsministerin Karoline Edtstadler im März 2019. Sie hatte "alle Muslime, die nach Österreich kommen", zu einem Besuch in der KZ-Gedenkstätte Mauthausen verpflichten wollen.

Edtstadler hatte auf eine Erhebung des Ifes-Instituts reagiert, die deutlich höhere Antisemitismuswerte bei Türkisch und Arabisch sprechenden Personen als beim Durchschnitt der österreichischen Bevölkerung feststellte. Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) unterstützte ihre Forderung. Derlei Pflichtbesuche seien eine "richtige Maßnahme, die wir diskutierten sollten", wurde er in der "Kronen Zeitung" zitiert.

Derlei Äußerungen würden "einen kollektiven Generalverdacht des Antisemitismus allein aufgrund der Religionszugehörigkeit" äußern, heißt es in dem Bericht. Die aufgezählten Fälle insgesamt würden Muslime in Österreich als "ewige Fremde" abstempeln. Um das zu beenden, müsse "der Kampf gegen den antimuslimischen Rassismus zur Chefsache erklärt werden". (Irene Brickner, 26.2.2020)