Roman Polanski ist damit Favorit bei der César-Verleihung.

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Die französische César-Akademie – das Pendant zur Oscar-Akademie in den USA – ist in der Krise. Am Mittwoch soll ein Übergangspräsident ernannt werden, nachdem der Vorstand der Filmakademie vor gut zehn Tagen geschlossen zurückgetreten war. Die Zeit drängt: Am Freitag wird der wichtigste französische Filmpreis vergeben. Favorit ist der umstrittene französisch-polnische Regisseur Roman Polanski.

Mauscheleien, Intransparenz, undemokratische Entscheidungen: Wegen dieser Vorwürfe von rund 400 französischen Filmschaffenden – darunter Regisseur Michel Hazanavicius und Schauspieler Omar Sy – war die Akademie-Leitung am 14. Februar zurückgetreten.

Die Kritik entzündete sich auch an der Person des langjährigen Akademie-Präsidenten Alain Terzian, dem manche eine Art "Diktatur" vorwarfen. Am Mittwoch soll zunächst ein Übergangspräsident ernannt werden. Nach der diesjährigen César-Verleihung am Freitagabend soll dann in Kürze ein neuer Vorstand gewählt werden.

Debatte um Polanski-Nominierung

Die Akademie war auch unter Beschuss geraten, weil sie das Drama "Intrige" des mit neuen Vergewaltigungsvorwürfen konfrontierten Polanski in zwölf César-Kategorien nominiert hat – unter anderem als bester Film und für die beste Regie. Polanski ist damit Favorit. Der bisherige Akademie-Vorsitzende Terzian betonte dazu, die Akademie sei "keine Instanz, die eine moralische Haltung vertreten muss".

Feministinnen haben für Freitag neue Proteste angekündigt. Kurz vor dem Filmstart von "Intrige" im November hatte ein früheres Model Polanski vorgeworfen, sie 1975 vergewaltigt zu haben, der Filmemacher bestreitet dies. In den USA wird er weiter wegen Missbrauchs einer Minderjährigen in den 1970er-Jahren gesucht, den er auch eingeräumt hat.

Wunsch nach Erneuerung

Frankreichs Kulturminister Franck Riester äußerte nach dem Rücktritt der Akademie-Spitze die Hoffnung auf mehr "Transparenz, Gleichstellung und Diversität". Bisher gehörten dem 21-köpfigen Verwaltungsrat der César-Akademie überwiegend ältere Vertreter der Filmbranche an, darunter die Cineasten Costa Gavras und Claude Lelouch. Weniger als ein Drittel waren Frauen.

Die Akademie der Kinokünste hat derzeit rund 4.700 Mitglieder, die Namen sind geheim. Um aufgenommen zu werden, müssen Bewerber zwei "Paten" unter den bestehenden Mitgliedern vorweisen sowie in den vergangenen fünf Jahren an mindestens drei Filmproduktionen mitgewirkt haben. Auch dies könnte sich mit einer neuen Satzung ändern.

#metoo in Frankreich

Zu der #MeToo-Debatte in den USA hat die französische Filmbranche ein gespaltenes Verhältnis. Die Schauspielerin und zweifache César-Preisträgerin Adèle Haenel kritisierte diese Woche, Frankreich habe die Diskussion "komplett verschlafen". Sie warf vielen Künstlern vor, sexuelle Gewalt zu verharmlosen. Zuletzt waren die Schauspielerin Catherine Deneuve und andere Künstlerinnen öffentlich für eine "Freiheit zu belästigen" und gegen die "Denunziation" von Männern eingetreten.

Die 31-jährige Haenel wirft dem Regisseur Christophe Ruggia vor, sie ab dem Alter von zwölf Jahren beim Dreh zu ihrem ersten Film "Les Diables" ("Kleine Teufel") wiederholt belästigt zu haben. Ruggia hat zwar "Fehler" eingeräumt, bestreitet aber jeden Missbrauch. (APA, 26.2.20)