Vom Zwillingsturm zum Solitär: Der DC Tower 2 auf der Wiener Donauplatte wird mit seinem ursprünglichen Zwilling DC 1 fast nichts mehr gemeinsam haben. Die aktuellste Visualisierung von Entwickler S+B zeigt nun neben Österreichs höchstem Gebäude (links im Bild; fertiggestellt 2014) einen kleineren, metallisch-gülden schimmernden DC Tower 2, der auch von der Fassadenstruktur her (zusammen mit DC 1) nicht mehr wie ein "auseinandergeschnittener Edelstein" (Architekt Dominique Perrault 2006) wirken wird, sondern – um im Bild zu bleiben – eher glattgeschliffen daherkommt.

Von der S+B Gruppe, die das Projekt für den deutschen Fonds Hausinvest (Commerz Real) vorantreibt, ist zu hören, dass man mit dem aktuellen Entwurf nun schon in der Einreichplanung ist. Auch der Wiener Fachbeirat für Stadtplanung und Stadtgestaltung legte kein Veto ein; in einer Sitzung vor einigen Wochen wurde vielmehr beschlossen, dass man vom ursprünglichen Zwillingsturm-Konzept des französischen Stararchitekten abgehen könne bzw. sogar sollte. Denn der "sehr starke" Entwurf Perraults könne schlicht nicht mehr beibehalten werden, sagt Architektin Elke Delugan-Meissl, Vorsitzende des Fachbeirats, dem STANDARD.

Visualisierungen: WED/boessfilm.at, S+B/OLN

Die Rahmenbedingungen hätten sich zu sehr geändert. Zum einen wird der DC Tower 2 – anders als der DC 1, der fast ein reiner Gewerbeturm ist – auch mit einem hohen Anteil an Wohnungen ausgestattet (rund 470). Deren Bewohner sollen auch in den Genuss von Freiflächen wie Balkonen oder Loggien kommen.

Zum anderen müsse man auch die Entwicklung der Donau City seit Perraults Entwürfen, die bis zum Jahr 2006 zurückreichen, in Betracht ziehen. Durch neue Hochhäuser – DC 3, hier rechts hinter DC 2 im Bild, kam später hinzu und wird schon gebaut (nach Plänen von Dietrich Untertrifaller Architekten), außerdem die Danube Flats auf der anderen Seite der Reichsbrücke, ebenfalls schon in Bau – sei das Ensemble kein Ensemble mehr, das müsse man akzeptieren.

Visualisierung: S+B/OLN

Vor knapp einem Jahr sah der DC Tower 2 auf Visualisierungen dem DC Tower 1 noch sehr ähnlich (siehe Bild). Der Entwurf von damals hatte noch die Fassade mit den "geknickten Bändern" wie DC 1, diese war aber schon für die Freiflächen aufgebrochen.

Mit diesem Entwurf gingen die Entwickler dem Vernehmen nach auch in den Fachbeirat. Nach der Begutachtung hat sich dieser dann aber dazu entschlossen, dass es besser sei, keinen "pseudomäßigen Bezug herzustellen", wo aufgrund der Funktionsänderung eigentlich keiner mehr sei, sondern gleich einen ganz anderen Entwurf zu fordern. "Wir konnten uns nur noch ein ganz eigenes Haus vorstellen", so Delugan-Meissl.

Visualisierung: S+B/OLN

Im ursprünglichen Entwurf Perraults (Bild oben) war noch die Edelsteinoptik beherrschend. DC Tower 1 wurde dann auch genauso wie im Bild ab 2010 gebaut, und zwar von der Wiener Entwicklungsgesellschaft für den Donauraum (WED). Im Jänner 2014 erfolgte die Eröffnung des seither mit 250 Metern (inklusive Antenne) höchsten Gebäudes Österreichs. 2017 wurde es an die deutsche Deka Immobilien verkauft.

Das Schicksal von DC 2 war dann aber lange unklar. "Der DC Tower war niemals als Einzelbauwerk gedacht, sondern immer nur als Teil eines Zweierensembles", sagte Perrault 2013 zum STANDARD. "Ich wünsche mir, dass der zweite Turm noch realisiert wird, denn nur so wird man das ursprünglich konzipierte städtische Tor vollenden können."

2016 wurde dann bekanntgegeben, dass DC 2 jedenfalls gebaut wird. Die ursprünglichen Pläne würden aber "leicht überarbeitet" werden, hieß es damals.

Visualisierung: WED/boessfilm.at

Das ist nun also ganz anders gekommen. Realisiert wird der Turm, aber von einem "städtischen Tor" kann keine Rede mehr sein.

Mit Perrault habe sie ein Gespräch geführt, sagt Elke Delugan-Meissl, er akzeptiere die Entscheidung. 2023 soll der DC Tower 2 fertig sein, hofft man bei Investor Commerz Real.

Die Einreichunterlagen will man nun bis zum Sommer fertig haben, sagt Andrea Jarisch von der S+B Gruppe dem STANDARD. Eine Baugenehmigung erhofft man bis Anfang nächsten Jahres.

Die Farbe des Turms steht noch nicht fest. So "golden" wie auf der Visualisierung werde der Turm jedenfalls nicht werden, so Jarisch. "Die neue Fassade ist aus Metall und wird erst mit diversen Stellen abgestimmt." (Martin Putschögl, 27.2.2020)

Nachlese

DC Tower 2 wird von deutschem Fonds gebaut

Einsamer Turm in trockener Stadt sucht einen Höhengefährten

Visualisierung: S+B/OLN