Ausnahmsweise muss ich diese Kolumne mit einem Dementi beginnen. Entgegen den mir in der vergangenen Woche zugetragenen Vermutungen stammt der im STANDARD vom 15. 2. erschienene, mit "Dieter Böhmdorfer" gezeichnete Kommentar nicht von mir. Und auch nicht von Rainer Nikowitz. Laut meinen Informationen wurde besagter Text tatsächlich und ohne satirische Absicht vom ehemaligen Justizminister der Republik Österreich verfasst. Unter dem Titel "Arbeitet die Justiz effizient? Nein!" präsentiert er darin eine bahnbrechende, geradezu disruptive Idee zur Effizienzsteigerung des Rechtsstaates, indem er Hausdurchsuchungen als "Ressourcenverschleuderung" entlarvt. Denn: "Es werden Unmengen an Akten abgeschleppt, die dann die Amtszimmer füllen. Die meisten der sichergestellten Materialien wären gar nicht notwendig, da eine gezielte Anfrage nach bestimmten Unterlagen seitens eines kompetenten Staatsanwaltes im Regelfall korrekt erledigt würde. Im Krisenfall eines Strafverfahrens bemühen sich alle um Korrektheit." So gesehen könnte auch die Polizei künftig aufwendige Verkehrskontrollen durch schriftliche Lenker-Anfragen ersetzen, da sich im Krisenfall einer Alkoholisierung oder Führerscheinlosigkeit bekanntlich alle um Korrektheit bemühen.

Statue der Justitia am Obersten Gerichtshof (OGH)in Wien.
Foto: APA/ROLAND SCHLAGER

Gerade von dem bislang als Law-and-Order-Fan bekannten Böhmdorfer hätte man sich so einen, an die Redlichkeit der Menschen glaubenden Vorschlag nicht erwartet. Unsere Justiz dürfte aber für diese Vision einer auf Vertrauen bauenden Staatsanwaltschaft noch nicht reif sein und setzt nach wie vor auf rüdes Malversations-Zwangsouting durch Hausdurchsuchungen. Von einer solchen wurde unlängst der nur mit einer Unterhose bekleidete H.-C. Strache überrascht. Ob die Unterhose, wie laut Aussagen einer ehemaligen Vertrauten Straches bei ihm üblich, mit energiespendenden Metallteilen gefüllt war und ob diese von den Beamten konfisziert wurden, ist nicht bekannt. Fest steht, dass Straches Handy beschlagnahmt wurde, dessen Auswertung seither für Schlagzeilen sorgt.

So enthüllten Renate Graber, Fabian Schmid und Andreas Schnauder jüngste Ermittlungserkenntnisse, die zeigen, wie die von Strache im Ibiza-Video beschriebene Methode des "Parteispenden am Rechnungshof vorbei schleusen" in der Praxis funktioniert hat. Manche Spender werden auch konkret genannt, unter ihnen die Industriellen-Familie Turnauer. Ein Name, der Erinnerungen weckt, denn das mittlerweile verstorbene Familienoberhaupt Herbert Turnauer soll schon Mitte der 90er-Jahre Parteispenden an die FPÖ in mit Bargeld gefüllten Sackerln mithilfe des späteren Justizministers Josef Moser als Geldboten in die Kanzlei Böhmdorfer bringen haben lassen, wo sie auf ungeklärte Weise verschwanden.

Das lässt die Intention der Böhmdorfer’schen Gedanken zum Thema Hausdurchsuchung in neuem Licht erstrahlen. Vielleicht wollte er einfach die Familie Turnauer diskret daran erinnern, dass es für das Verbergen von Parteispenden sicherere Orte gibt als Straches Handy. Denn wer würde schon eine Hausdurchsuchung bei einem Anwalt veranlassen, der sich im Krisenfall eines Strafverfahrens um Korrektheit bemüht? (Florian Scheuba, 26.2.2020)