Rechnungen bringen manchen Selbstständigen zum Verzweifeln. Wenn dann der Ort der Verzweiflung steuerlich nicht berücksichtigt werden darf, treibt das manche in den Wahnsinn.

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Ein Lehrer korrigiert ungestört Schularbeiten im Arbeitszimmer seiner Wohnung. Eine Fachbuchautorin schreibt ihre Werke zu Hause, verdient aber das Gros ihres Geldes mit Vortragstätigkeit zum gleichen Thema. Beiden Beispielen ist gemeinsam, dass die Kosten für das Arbeitszimmer nicht abgesetzt werden können. Denn: Um das Homeoffice steuerlich berücksichtigen zu können, ist es erforderlich, dass dort der Mittelpunkt der beruflichen und betrieblichen Tätigkeit liegt.

Keine Gnade

Selbst wenn diese Anforderung erfüllt wird, ist die Anerkennung des Aufwands längst keine ausgemachte Sache. Während Schriftsteller, Gutachter oder Komponisten typisch für das Berufsbild sind, das für eine Absetzbarkeit des Arbeitszimmers spricht, haben Dirigenten, Freiberufler mit auswärtiger Betriebsstätte und eben Vortragende keine Chance auf Gnade des Finanzamts.

Der Verwaltungsgerichtshof hat zudem ausgeführt, dass ein Vermieter kein Arbeitszimmer geltend machen kann. Es kommt also in der Frage der steuerlichen Berücksichtigung auf mehrere Faktoren an: auf das Berufsbild, auf den Mittelpunkt der Tätigkeit in den eigenen vier Wänden, aber auch auf die Art des Arbeitszimmers. Befindet sich im hauseigenen Büro eine Play-Station, kann es schon heikel werden.

Schwierige Abgrenzung

Beim Bundesfinanzgericht blitzte beispielsweise ein Videojournalist ab, weil das Arbeitszimmer im Vergleich zu Wohn- und Schlafzimmer zu groß erschien. Es sei naheliegend, dass der Raum für Freizeit und zur Entspannung genutzt werde, wurde befunden.

Die Sache wird nicht gerade dadurch erleichtert, dass Finanzämter die Absetzbarkeit recht unterschiedlich handhaben. Dazu kommt die Diskrepanz zwischen Anerkennung des Arbeitszimmers und der Betriebsmittel. Selbst wenn das Homeoffice bei der Finanz durchfällt, können Bürostuhl, Schreibtisch und Computer abgesetzt werden, wenn sie ausschließlich beruflich genutzt werden. Wird auch das Arbeitszimmer anerkannt, kommen gleich mehrere Betriebsausgabenposten hinzu: neben anteiliger Miete also auch Wasser, Energie, Reinigungskosten und dergleichen. Bei Eigentum können Abschreibung und Finanzierungskosten oder Grundsteuer angerechnet werden.

Neue Arbeitswelt

So schwierig die Abgrenzung ist, so einfach ist der Befund über die jetzige Regelung: Die Bestimmungen sind kompliziert, außerdem verschwimmt die Definition des Arbeitsorts durch Digitalisierung und moderne Erwerbsformen zusehends. Das sieht auch die Regierung so, die nun Änderungen plant. Gerade in der Start-up-Phase oder bei geteilten Räumlichkeiten junger Unternehmen entsprächen die aktuellen Rahmenbedingungen "nicht mehr der Arbeitswelt von heute", heißt es in einem Ministerratsvortrag mehrerer Regierungsmitglieder.

Sie wollen nun in den ersten Teil der Steuerreform, der Anfang des kommenden Jahres in Kraft treten soll, eine Erleichterung betreffend der Absetzbarkeit des Arbeitszimmers hineinpacken. Konkret soll das im betrieblichen Bereich bis zu einer Grenze von 100 Euro im Monat der Fall sein. Bis zu dieser Schwelle stellt die Regierung eine pauschalierte steuerliche Berücksichtigung des Homeoffice in Aussicht.

Jubel über Erleichterung

"Ein großer Erfolg unserer interessenpolitischen Arbeit und eine sehr große finanzielle Entlastung für tausende Ein-Personen-Unternehmen", meint Walter Ruck, Präsident der Wiener Wirtschaftskammer. Auch Elisabeth Götze, Wirtschaftssprecherin der Grünen im Nationalrat, freut sich über die Neuerung. Sie sieht den Nutzen vor allem darin, dass die steuerliche Berücksichtigung auch dann gegeben ist, wenn eine teilweise private Nutzung des Arbeitszimmers vorliegt. Die Grünen betonen vor allem den Vorteil, der Ein-Personen-Unternehmen dabei erwachse. (Andreas Schnauder, 27.2.2020)