Heinz-Christian Strache benutzte Krücken und hielt seine Rede im Sitzen.

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Ein Blick in die Rieder Jahnturnhalle.

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Vor dem Saal demonstrierten die Omas gegen Rechts.

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Für Heinz-Christian Strache läuft es derzeit nicht nach Plan: Die große Welle an Überläufern zu Die Allianz für Österreich (DAÖ), die für die Zeit nach Weihnachten angekündigt war, blieb aus. Statt einem Dutzend Wiener Gemeinderäte schlossen sich nur ein paar Bezirksräte der für Strache aufgebauten Plattform an – von Nationalratsabgeordneten ganz zu schweigen. Große Investitionen dürfte es für DAÖ – die wohl nicht mehr lange so heißen wird – auch nicht gegeben haben.

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Ein Kandidat dafür wäre Ronnie Seunig gewesen, einst Falco-Manager und Chef der Shoppingmall Excalibur City in der Tschechischen Republik – und zuletzt auch Herausgeber der weit rechts stehenden Postille Alles Roger?, die von Strache sehr geschätzt wurde. Vom STANDARD auf ein Engagement bei DAÖ angesprochen, antwortete Seunig, er sei für die Politik "nicht geeignet", da er "intelligent, selbstständig, ehrlich, geradlinig, worttreu, umsichtig, unbestechlich" und humorvoll sei.

Er habe sich nun "fast gänzlich nach Australien verabschiedet". Und Felix Baumgartner, Autor in Alles Roger?, von Strache als Freund bezeichnet und von einem Beschuldigten in der Ibiza-Affäre als "Investor" für Strache für den Video-Ankauf genannt? Baumgartner wollte auf Anfrage "keine Angaben machen, da es sich um ein laufendes Verfahren handelt". Er sei aber "zuversichtlich, dass der Rechtsstaat seine Aufgabe ernst nimmt und die Wahrheit ans Licht kommt".

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Toxische Ermittlungen

Abschrecken dürften Investoren Straches juristische Probleme. Er ist Beschuldigter in der Affäre rund um "umgewandelte" Parteispesen; geriet durch Spendensammlungen für FPÖ-nahe Vereine in die Schlagzeilen; ist Beschuldigter in der Causa rund um einen Mandatskauf und Beschuldigter in der Casinos-Affäre. In allen Fällen gilt die Unschuldsvermutung.

Strache hat allerdings schon in einem Interview mit Österreich festgelegt, dass es für ihn "keine roten Linien" gebe. Auch bei einer rechtskräftigen Anklage würde Strache wohl als Kandidat in Wien antreten. Dass sich Strache auf einen Wahlkampf vorbereitet, ist klar. Offiziell bekanntgeben dürfte er sein Antreten auf seiner Aschermittwochrede, die er nach Redaktionsschluss bei DAÖ hielt.

Mit dem Kapitel Ibiza habe die FPÖ jetzt abgeschlossen, sagte Parteiobmann Norbert Hofer nach dem Ausschluss seines Vorgängers Heinz-Christian Strache im Dezember 2019. Er lag falsch: Zumindest Hofer selbst wird noch von Ibiza verfolgt, nämlich in Form von Ermittlungen. Erst vergangene Woche wurde bekannt, dass die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) die Aufhebung von Hofers Immunität beantragt hat.

Ihm wird vorgeworfen, Spenden an den FPÖ-nahen Verein Austria in Motion hätten etwas der Bestellung von Asfinag-Aufsichtsrat Siegfried Stieglitz zu tun. Dieser hatte vor und nach seiner Bestellung 10.000 Euro an diesen Verein überwiesen. "Norbert weiß Bescheid", soll Strache in einer Whatsapp-Nachricht geschrieben haben. Es gilt die Unschuldsvermutung, Hofer dementiert die Vorwürfe scharf – und die FPÖ will selbst die Auslieferung Hofers unterstützen, um die Causa klären zu lassen.

Die neue Infrastrukturministerin Leonore Gewessler (Grüne) zögerte am Mittwoch dennoch nicht, Stieglitz als Asfinag-Aufsichtsratschef abzuberufen. Die Grünen werfen Hofer auch in anderen Fällen Postenschacher vor, etwa im Zusammenhang mit der Austro Control. Die Thematik könnte, je nach Rechtsauslegung des Verfassungsgerichtshofs, auch beim Ibiza-U-Ausschuss eine Rolle spielen.

Parteichef Hofer merkte dazu an, dass ihm die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft "weh tun" würden. Hofer: "Ich habe nie etwas genommen, nie etwas verlangt. Und mich einzusperren, wäre ohnehin sinnlos, weil ich mich sowieso nicht ändern werde."

Es sei nicht immer leicht, ein Freiheitlicher zu sein. Hofer: " Die letzten Monate waren die härteste Zeit in meinem Leben. Der Kampf für Österreich ist ein schwieriger, weil alle anderen immer gegen uns kämpfen. Lasst euch nicht hereinlegen, es geht der ÖVP nie um die großen Themen für das Land, so nur um die eigene Macht."

Über seinen Vorgänger verlor Hofer kein Wort – der Auftritt von HC Strache zur selben Zeit in Wien blieb unkommentiert.

Hofer macht Witze

Deutlich weniger Berührungsängste hatte Hofer bei seinen politischen Mitbewerbern. Insbesondere für die türkis-grüne Bundesregierung gab es keine Schonung. "Kennt ihr den Unterschied zwischen einem Theater und der türkis-grünen Bundesregierung? In einem Theater werden gute Schauspieler schlecht bezahlt", polterte Hofer.

Und in Richtung Klimaschützer: "Moderne Diesel-Autos saugen vorne mehr Feinstaub ein, als hinten rauskommt. Die Besitzer dieser Fahrzeuge haben schon Angst, dass sie bei Feinstaub-Alarm aus ihrer Wohnung geklingelt und gebeten werden, ein paar Runden durch die Stadt zu fahren, weil die Feinstaubwerte zu hoch sind."

Parteireform

Um sich vom Geruch der Korruption reinzuwaschen, will die FPÖ bis 2021 umfassende Compliance-Regeln ausarbeiten. Das passiert unter der Ägide des oberösterreichischen FPÖ-Obmanns Manfred Haimbuchner. Die Achse Haimbuchner–Hofer funktioniert harmonisch, heißt es in der Partei. Präsent ist allerdings ein anderer, nämlich der Ex-Innenminister Herbert Kickl. Egal ob Coronavirus oder Kritik von Kanzler Kurz an der Justiz: Kickl ist mit markigen Sprüchen zur Stelle.

Daher ist es kein Wunder, dass viele Kickl als heimlichen Obmann sehen. Die Partei zusammenhalten kann der Klubchef jedoch nicht so gut wie Hofer. So gab es an Kickls Verhalten auch schon öffentliche Kritik, etwa vom Vorarlberger FPÖ-Chef Christof Bitschi. Der hatte Kickls Stippvisite bei der AfD in Berlin als "unnötig wie einen Kropf" bezeichnet. (Fabian Schmid, David Krutzler, Markus Rohrhofer, 27.2.2020)