Berlin – Inmitten der großen Schlammschlacht zwischen Ex-Trainer Jürgen Klinsmann und Hertha BSC steht die Mannschaft der Berliner vor einer Herkulesaufgabe. Die Spieler müssen vor dem Abstiegsduell bei Fortuna Düsseldorf am Freitag (20.30 Uhr, Dazn) die Schmierenkomödie ausblenden – eine Niederlage darf sich das Team nicht erlauben.

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Michael Preetz: "Wir müssen jetzt gemeinsam den Fokus auf die schwere Aufgabe in Düsseldorf legen".
Foto: REUTERS/Annegret Hilse

"Wir müssen jetzt gemeinsam den Fokus auf die schwere Aufgabe in Düsseldorf legen", forderte Herthas Manager Michael Preetz vor dem Kellerduell. Und auch Trainer Alexander Nouri appellierte an die Einstellung der Spieler: "Wir müssen uns jetzt auf das Sportliche konzentrieren, nur das können wir beeinflussen."

Derweil ging das Theater um Klinsmann am Donnerstag weiter. Ralf Rangnicks Berater meldete sich zu Wort und widersprach Klinsmann in einem brisanten Punkt. Richtig sei, dass Klinsmann Rangnick als Trainer nach Berlin holen wollte und eine Absage kassierte, doch Rangnick habe nicht abgesagt, "weil Michael Preetz dort Geschäftsführer Sport ist und damit sein Vorgesetzter wäre", sagte Rangnicks Berater Marc Kosicke der Bild.

Klinsmann hatte in seinem Rundumschlag in Tagebuchform zu seiner 76-tägigen Dienstzeit als Hertha-Coach alles und jeden im Verein attackiert. Vor allem Preetz bekam sein Fett weg, der Manager sei für "katastrophale Versäumnisse" verantwortlich und habe eine "Lügenkultur ohne Anspruchsdenken" etabliert.

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Klinsmann spricht von "Lügenkultur ohne Anspruchsdenken".
Foto: Reuters/Leon Kuegeler

Preetz kündigte daraufhin an, dass sich der Verein juristische Schritte vorbehalte. Sportrechtsexperte Professor Martin Schimke hält ein juristisches Vorgehen von Hertha für naheliegend. "Dass man den Fall juristisch sauber und gründlich überprüfen lässt, macht Sinn", sagte der Fachanwalt für Sportrecht, der auch als Richter beim Internationalen Sportgerichtshof CAS arbeitet, dem SID.

Auch wenn wie im Falle von Klinsmann mit Hertha kein Arbeitsverhältnis mehr bestehe, könne man nicht einfach alles behaupten. "Mit Beginn eines Arbeitsverhältnissen ergeben sich auch nachvertragliche Treuepflichten, auch die Themen Betriebsgeheimnis, Loyalitätspflichten und üble Nachrede könnten eine Rolle spielen", so Schimke.

Rekord-Nationalspieler Lothar Matthäus warf Klinsmann nach dessen Großangriff auf den Klub puren Egoismus vor. "Zuerst kommt Jürgen, dann Jürgen, dann nochmal Jürgen und dann der Rest. Er sucht keine Schuld bei sich, sondern nur bei den anderen", sagte Matthäus bei Sky Sport News HD.

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Ralf Rangnick habe nicht abgesagt, "weil Michael Preetz dort Geschäftsführer Sport ist".
Foto: Reuters/Gebert

In all dem Chaos müssen die Spieler kühlen Kopf bewahren. Vor allem für Nouri wird es schwer. Seit der miserablen Vorstellung seiner Elf beim 0:5 am vergangenen Samstag im Heimspiel gegen den 1. FC Köln ist der Coach angezählt, eine weitere Niederlage würde ihn wohl den Job kosten.

Die Spieler nahmen die Attacken von Klinsmann auch mit Humor. Ihr Ex-Coach hatte auch eine Liste mit zum Teil vernichtenden Beurteilungen zu allen Profis erstellt, und er sprach den meisten Spielern ab, einen Mehrwert für den Verein erzielen zu können.

Ersatzkeeper Thomas Kraft erinnerte sich daran, als er im Training nach einer Parade seinen Mitspielern zurief: "Ich muss doch den Mehrwert steigern!" (sid, 27.2.2020)