Im Gastkommentar erwidert Neos-Frauensprecherin Henrike Brandstötter den Kritikerinnen und Kritikern der Neuausschreibung von Frauenhäusern in Salzburg.

Sechs Frauenmorde, zahlreiche brutale Angriffe gegen Frauen durch (Ex-)Partner seit Jahresbeginn. Österreich hat ein massives Problem mit häuslicher Gewalt, und Politikerinnen und Politiker müssen alles daransetzen, Frauen zu schützen. Zum Beispiel durch Frauenhäuser.

Vieles im Argen

Dort liegt aber vieles im Argen, wie Betreiberinnen von Frauenhäusern beklagen. Sie prangern das bestehende Fördersystem völlig zu Recht an: Frauenhäuser sind unterfinanziert, müssen jedes Jahr wieder um ihre Finanzierung zittern, die Häuser selbst sind oft in schlechtem Zustand. In Betrieb und Konzept hat sich meist seit den 1980er-Jahren nichts mehr geändert.

In Salzburg kommt dazu, dass die Unterbringungsdauer in den Frauenhäusern ungewöhnlich lange ist. Nicht weil die Frauen dort länger gefährdet sind als in anderen Bundesländern – sondern weil es schlicht zu wenige Übergangswohnungen gibt. Das ist ein untragbarer Zustand.

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Frauen vor häuslicher Gewalt zu schützen ist das Ziel von Frauenhäusern. Über das Wie wird derzeit gestritten.
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Das muss dringend geändert werden: Effektiver Gewaltschutz für Frauen braucht längerfristige Förderungen und mehr Übergangswohnungen, damit Gewaltopfer schnell in ein selbstständiges Leben zurückkehren können. Der internationale Vergleich zeigt überdies, dass neue Konzepte besser geeignet sind, Frauen vor Gewalt zu schützen: Die Niederlande, Schleswig-Holstein und Graz setzen sehr erfolgreich auf das Konzept "Sicher und sichtbar". Hierbei sollen Frauenhäuser nicht mehr versteckt werden – was ohnehin nicht zur Sicherheit beiträgt, denn sie sind bekannte Adressen und Anlaufstellen.

Unredliches Framing

Ja, neue Ideen werfen auch Fragen auf. Feedback und Kritik sind ernst zu nehmen. Die Neos diskutieren Ideen und Vorschläge in Salzburg mit allen Beteiligten – egal, was manche Parteien behaupten. Kritikerinnen wie Nicole Schöndorfer – die übrigens keine Expertin für Gewaltschutz ist –, kritisieren jedoch keine Maßnahmen. Sie tun etwas ganz anderes: Sie stellen politische Abläufe über die Sache, sie stellen ihr Weltbild über den Schutz für Frauen. Nur weil ihnen die Vorgangsweise nicht passt, unterstellen sie anderen, ein falsches Ziel zu verfolgen: Wenn Neos Frauenhäuser nicht so betreiben, wie ich das will, ist es Neos egal, wenn Frauen Opfer von Gewalt werden. Das ist ein perfider politischer Spin.

Denn was passiert, wenn man so unredlich argumentiert? Es zwingt das Gegenüber – in dem Fall die Neos – dazu, nicht mehr die Maßnahmen zu erklären, sondern zu dementieren, dass man Gewalt gegen Frauen gutheißt. Es verschiebt die Debatte von der Frage, wie wir Frauen, die von häuslicher Gewalt betroffen sind, helfen können, hin zur Frage, ob Neos für oder gegen Frauenmorde sind. Sebastian Kurz und seine Message-Control-Partie könnten unredliches politisches Framing nicht schöner vorexerzieren.

Wer so ein wichtiges Thema für einen dermaßen abstoßenden, politischen Spin missbraucht, dem geht es nicht um Hilfe für Opfer – die sind in dieser Debatte irrelevant –, sondern um eine Rolle, ihre eigene Marke und um Profilierung.

Keine Einsparungen

Um einige Punkte aus dem Gastkommentar dennoch zu entkräften:

  • "Es geht darum, einzusparen": Das Budget von 1,5 Millionen Euro bleibt unverändert. Es wird keine Einsparungen geben, egal, wie die Ausschreibung ausgeht.
  • "Es wird überhaupt ausgeschrieben – und das EU-weit": Das ist Gesetz. Wir müssen Förderungen ab einer gewissen Höhe EU-weit ausschreiben. Ja, man kann schon 1,5 Millionen einfach so verteilen – vielleicht auch an Parteifreunde. Das ist aber illegal.
  • Stichwort EU-weit: Natürlich können sich internationale Konzerne als Träger von Frauenhäusern bewerben. Wir gehen aber davon aus, dass der Betrieb von Frauenhäusern in Salzburg für internationale Konzerne mäßig interessant ist, es ihnen auch an Kompetenz dafür mangelt und auch in Zukunft Frauenhäuser nicht an einem "Sponsored by"-Schild erkennbar sind. Wir hoffen und erwarten, dass sich die aktuellen Träger bewerben.
  • "Die Daten von Frauen werden weitergegeben": Nein. Was stimmt: Frauenhäuser sollen ihre Arbeit dokumentieren, das ist nicht dasselbe wie veröffentlichen. Auch Ärztinnen und Ärzte, Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten dokumentieren ihre Arbeit.

Die Debatte in Salzburg, ob Frauenhäuser langfristig finanziert und nach modernen Konzepten betrieben werden sollen, läuft nun seit zehn Jahren. Wir lassen uns hier nicht einschüchtern. Das schulden wir den Frauen, die von Familienmitgliedern bedroht, gestalkt und geschlagen werden. Für ihren Schutz müssen wir Althergebrachtes hinterfragen und Gewaltschutz auf den neuesten Stand bringen. (Henrike Brandstötter, 28.2.2020)