Utrecht – Wir alle leben in Symbiose mit Abermillionen von Mikroorganismen, die etwa auf unserer Haut und in unseren Eingeweiden leben. Zusammengenommen beträgt die Masse unserer Mitbewohner weit mehr als ein Kilogramm, und jeder von uns weist eine individuelle Komposition von Bakterien im Darm auf.

In den letzten Jahren ist dieses sogenannte Mikrobiom in den Fokus der Wissenschaft gerückt, da die Zusammensetzung der Darmbakterien kaum zu überschätzende Auswirkungen auf die Gesundheit haben dürfte – bis hin zu unserem Gefühlshaushalt.

Vermuteter Zusammenhang

Schon seit längerem vermutet man, dass ein Zusammenhang zwischen der Zusammensetzung des intestinalen Mikrobioms und der Entstehung von Darmtumoren besteht. So etwa kommen jene Stämme des Escherichia-coli-Bakteriums, welche die DNA-schädigende Substanz Colibaktin produzieren (pks+ E. coli), nur bei etwa 20 Prozent aller gesunden Menschen vor, aber bei 60 Prozent der Patienten mit erblichem Darmkrebs. Besteht da ein Zusammenhang? Und wenn ja, wie sieht er molekularbiologisch aus?

Um diese Fragen zu beantworten, injizierten Forscher um Hans Clevers (Hubrecht-Institut in Utrecht) fünf Monate lang wiederholt pks + E. coli in Darm-Organoide, also organähnliche Nachbildungen des menschlichen Darms in Zellkultur.

Schematische Darstellung der Injektion in das Organoid.
Foto: Cayetano Pleguezuelos-Manzano, Jens Puschhof, Axel Rosendahl Huber; Hubrecht Institute

Vor und nach den Injektionen sequenzierten sie jeweils das Erbgut der Organoid-Zellen.

Verräterische Signatur

Wie die Forscher in Nature berichten, zeigte sich ein spezifisches Mutationsmuster der DNA in den Wirtszellen, dass bei jenen Organoiden fehlte, die einen E.-coli-Kontrollstamm ohne Colibaktin-Produktion erhielten.

Illustration, wie sich das Colibactin an eine spezifische DNA-Sequenz bindet.
Foto: DEMCON | nymus3D, Hubrecht Institute

Dieses spezische Mutationsmuster fand sich zudem deutlich häufiger bei Darmkrebs als bei anderen Krebsarten und bei zumindest fünf Prozent der Darmkrebspatienten.

Illustration der Ideitifikation der spezifischen Mutation in einem Darmtumor.
Foto: DEMCON | nymus3D, Hubrecht Institute

Das könnte auch für die klinische Behandlung bzw. die Krebsvorsorge relevant werden. Wie Hans Clevers und sein Team im Fachblatt "Nature" schlussfolgern, könnten der Nachweis und die Entfernung jener E.-coli-Bakterienstämme, die Colibaktin produzieren, das Krebsrisiko für eine ziemlich große Personengruppe verringern. (tasch, 28.2.2020)