Harald Neumann tritt "aus familiären Gründen" zurück. Beobachter bezweifeln das.

Foto: HO

Es sind turbulente Zeiten für die Novomatic. Seit Frühsommer 2019 steckt Europas führender Glücksspielkonzern mitten in einer Korruptionsaffäre, nachdem Ungereimtheiten um die Bestellung des FPÖ-Manns Peter Sidlo zum Finanzvorstand der Casinos Austria ruchbar geworden sind. Novomatic-Chef Harald Neumann, der auch als Vizepräsident des Casinos-Aufsichtsrats fungiert, soll seine Zustimmung zu Sidlo von einer Lockerung des Glücksspiels abhängig gemacht haben.

Die Vorwürfe der Korruptionsstaatsanwaltschaft hat Neumann stets bestritten, und es gilt selbstredend die Unschuldsvermutung. Doch von den Ermittlern ausfindig gemachte und an die Öffentlichkeit gespielte Chatprotokolle haben Beobachter und politische Vertreter in Rage gebracht. Sie offenbarten, wie Heinz-Christian Strache, weitere Regierungsmitglieder und Beamte unter Türkis-Blau die Sidlo-Bestellung mit den Aufsichtsräten der Casinos ausschnapsten. So erkundigte sich Strache mehrmals bei Neumann, ob das Avancement seines Parteifreundes in den Casinos-Vorstand auf Schiene sei. Der Novomatic-Chef versicherte stets seinen Einsatz für die Bestellung.

Angebliche Verstimmung

Neben den strafrechtlichen Ermittlungen hat das Sidlo-Engagement auch wirtschaftlich einiges bewegt. Die Novomatic will sich von der 17-prozentigen Casinos-Beteiligung – ursprünglich wollte man den teilstaatlichen Rivalen unter Kontrolle bringen – wieder trennen. Neumann wird den Anteilsverkauf nicht mehr verantworten. Novomatic gab am Freitag seinen sofortigen Rücktritt "aus familiären Gründen" bekannt.

Näheres wurde nicht mitgeteilt, doch Insider können der Begründung des prominenten Abgangs nicht allzu viel abgewinnen. Vielmehr wird ein Zerwürfnis mit Konzerngründer Johann Graf gewittert. Beobachtern zufolge soll der Novomatic-Eigentümer ziemlich verstimmt darüber sein, dass sein Unternehmen derart in Verruf geraten sei. Das gilt auch für Graf selbst, der wie Neumann zu den Beschuldigten zählt und die Vorwürfe ebenfalls bestreitet.

"Fäkalsprache"

Wie groß der Unmut des gelernten Fleischermeisters wegen der Casinos-Affäre ist, hat Graf schon bei den Hausdurchsuchungen im Vorjahr wissen lassen. Er zahle in Österreich 100 Prozent seiner Steuern und habe dafür 80 Prozent der "Scheiße", gaben die Ermittler Grafs Aussagen zu Protokoll. Zusatz: "Trotz der Fäkalsprache war er keineswegs aggressiv."

Allerdings waren der Eigentümer und der Konzernchef oft zu zweit im Einsatz. Einen Besuch beim damaligen Finanzminister Hartwig Löger (ÖVP), bei dem es laut Vermutung der Ermittler um Glücksspiellizenzen ging, unternahmen sie im Verbund. Davor erhielt Neumann noch eine Unterlage betreffend Glücksspiellizenzen aus dem Finanzministerium zugeschickt.

Dissonanzen mit Graf sollen also zumindest Mitgrund für den Abschied von der Novomatic-Spitze sein. Dort stand Neumann seit 2014, zuvor war der Wiener drei Jahre lang Geschäftsführer der Novomatic-Tochter Austrian Gaming Industries. Ende 2015 ließ Neumann dann die Bombe platzen: Die Novomatic meldete die geplante Kontrollübernahme bei der Wettbewerbsbehörde an. Letztlich untersagte die Behörde den Deal, nachdem sich Novomatic gegen eine Genehmigung unter Auflagen gesträubt hatte.

Teilnahmslose Öbag

Der im niederösterreichischen Gumpoldskirchen ansässige Konzern reduzierte seine Beteiligung daher auf 17 Prozent. Seither wird mit der Sazka-Gruppe um Einfluss auf die Casinos Austria gerungen. Eher teilnahmslos verfolgt das die Staatsholding Öbag, die ein Drittel der Casinos hält. Löger gab stets an, eine Einigung zwischen Novomatic und Sazka angestrebt zu haben. Die wurde inzwischen gefunden: Novomatic will den Casinos-Abstecher beenden und die Beteiligung an die Tschechen veräußern. (Renate Graber, Andreas Schnauder, 29.2.2020)