Das Coronavirus ist in Österreich angekommen – und es wird sich hier, wie auch in allen anderen Ländern dieser Welt, ausbreiten. Die Auswirkungen sind spürbar: In den Supermärkten gibt es wieder leere Regale, das Wort "Hamsterkauf" ist in den allgemeinen Sprachgebrauch zurückgekommen. Wer in der U-Bahn hustet, wird schief angeschaut, einige stornieren ihren Italien-Urlaub, und alle reden über "Corona".

Zumeist drehen sich die Gespräche darum, was man tun werde, wenn die Schule der Kinder oder der eigene Arbeitsplatz abgeriegelt werden, wie weit die "Quarantäne" wohl gehen werde? Ein guter Gradmesser für die allgemeine Stimmungslage sind die Foren der sozialen Medien: Angst oder Panik gehen derzeit offenbar nicht um in Österreich. Das ist schon ein Erfolg.

Innenminister Karl Nehammer, Bundeskanzler Sebastian Kurz, OÖ-Landeshauptmann Thomas Stelzer und Gesundheitsminister Rudolf Anschober im Rahmen eines Treffens zur aktuellen Lage wegen des Coronavirus SARS-Cov-2 in Wien.
Foto: APA/HERBERT NEUBAUER

Die neue Regierung hat bis jetzt sehr viel dazu beigetragen, dass das auch so bleibt. Das Krisenmanagement der ersten Tage wirkte unaufgeregt und effizient – und nach ein wenig Anlaufschwierigkeiten sieht es nun auch so aus, als seien alle befassten Behörden und Regierungsstellen um größtmögliche Offenheit bemüht.

Man kann hinterfragen, wie es die Opposition in seltener Einigkeit tut, ob es wirklich notwendig ist, dass Türkis-Grün stets in Dreimannstärke ausrückt. Man kann komisch finden, dass nicht der (grüne) Gesundheitsminister, sondern der (türkise) Bundeskanzler den obersten Krisenmanager gibt und ganz nebenbei auch den türkisen Innenminister als wackeren Kämpfer wider das Virus positioniert. Und man kann sich darüber empören oder lustig machen, dass mancher der täglichen Politikerauftritte mehr dem Inszenieren als dem Informieren gilt. All das wird zu Recht kritisiert – und dennoch trifft es nicht den Punkt.

Ruhe und Übersicht

Denn der österreichischen Bevölkerung ist das türkis-grüne Schaulaufen in Sachen Coronavirus höchstwahrscheinlich egal – solange es der Beruhigung und der Verstärkung des eigenen Sicherheitsgefühls dient. Und diesbezüglich ist Bundeskanzler Sebastian Kurz, Gesundheitsminister Rudolf Anschober und Innenminister Karl Nehammer kein Vorwurf zu machen. Alle drei verströmen Ruhe und Übersicht, sie vermitteln den Eindruck, dass sie ihren Experten vertrauen, und auch diese vermitteln Ruhe und Übersicht.

Die Zusammenarbeit der drei Politiker wirkt professionell. Kurz erklärt, worum es geht: Zeit gewinnen, die Ansteckungskette durchbrechen. Anschober und Nehammer vermeiden jeden Anschein von Rivalität, der Gesundheitsminister kann für sich in Anspruch nehmen, dass er schon früh wichtige Entscheidungen getroffen hat – etwa Verordnungen gegen drohende Arzneimittelengpässe. Das ist für einen Neuling und Nichtmediziner im Gesundheitsressort eine erstaunlich um- und weitsichtige Maßnahme. Offenbar wird Anschober von den Beamten seines Hauses richtig beraten. Zumindest dieser grüne Minister ist offenbar gut in seinem Ministerium angekommen.

Der Kanzler wiederum verkneift sich trotz Wien-Wahlkampfs lautstark Seitenhiebe auf die rot-grün regierte Bundeshauptstadt – obwohl ein Corona-Patient in einem städtischen Spital zehn Tage lang unentdeckt blieb.

Wenn die Regierung weiter so diszipliniert agiert, nichts Dramatisches passiert und niemand der Versuchung erliegt, sich auf Kosten anderer zu profilieren, könnte Türkis-Grün mit dem Corona-Krisenmanagement die erste Bewährungsprobe glatt bestehen. (Petra Stuiber, 28.2.2020)