Igor Matovič erhielt mit seiner Partei Ol'ano 25 Prozent der Stimmen.

Foto: EPA / Martin Divisek

"Bonjour, Mafia!" Es sind Momente wie dieser, mit denen sich der slowakische Wahlsieger Igor Matovič den Ruf eines unerbittlichen Kämpfers gegen Korruption erarbeitet hat. Der Gruß aus dem französischen Cannes wenige Wochen vor der Wahl war an die heimische Regierungsriege gerichtet – übermittelt per Videobotschaft und hunderttausendfach im Internet geteilt.

Die Szenerie: Matovič und einige Getreue stehen, in uniformähnliche Anoraks gehüllt, vor der Villa eines slowakischen Ex-Ministers. Im Hintergrund die wolkenverhangene Côte d’Azur. Hier also würde es versickern, das Geld der Steuerzahler, erklärt Matovič und klebt das Portal mit Plakaten voll – weißen Zetteln mit Staatswappen und der Aufschrift "Eigentum der Slowakischen Republik".

Vertrauen in die Politik erschüttert

So etwas kommt an in einem Land, in dem der Glaube an politischen Anstand nach dem Mord am Enthüllungsjournalisten Ján Kuciak vor zwei Jahren schwer erschüttert worden ist. Nun aber muss der 46-Jährige zeigen, dass er der richtige Mann ist, um wieder für stabile Verhältnisse zu sorgen. Einfach wird das nicht. Zwar erhielt seine Partei Ol'ano – die Abkürzung steht für Gewöhnliche Menschen und unabhängige Persönlichkeiten – mit 25 Prozent einen beachtlichen Vertrauensvorschuss. Doch dem ehemaligen Unternehmer eilt der Ruf eines streitsüchtigen Provokateurs voraus, der sich früher oder später mit den meisten Weggefährten zerkracht. Legendär ist etwa sein Konflikt mit möglichen Kandidaten, denen er per Lügendetektor auf den Zahn fühlen wollte.

Zudem fehlt seiner Partei, die seit zwei Legislaturperioden im Parlament ist, eine klare Ausrichtung. Der verheiratete Vater zweier Kinder wurde bereits 2010 zum Abgeordneten gewählt – damals noch auf einem Ticket der liberalen SaS, mit der er sich bald überwarf. 2012 trat er erstmals mit seiner eigenen Bewegung Ol'ano an, die sich von ideologischen Etiketten abgrenzt und als unberechenbar bis erratisch gilt.

Sein Geld hat Matovič nach dem Managementstudium in Bratislava mit dem Aufbau eines Verlags gemacht, der Regionalzeitschriften herausgab. Ähnlichkeiten mit dem tschechischen Unternehmer und Premier Andrej Babiš, der ebenfalls aus der Slowakei stammt und eine ideologieferne Partei anführt, stellen Kenner beider Herren aber infrage: Babiš habe im Gegensatz zum wankelmütigen Matovič wirklich ein Imperium aufgebaut – und seine Partei fest im Griff. (Gerald Schubert, 1.3.2020)