Karl-Heinz Rummenigge (re.) und auch die Kicker des FC Bayern stellten sich demonstrativ an die Seite von Hoffenheim-Mäzen Dietmar Hopp.

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Jetzt aber. "Es muss aufhören. Ich werde mich nicht mehr wegducken. Mit dem heutigen Tag muss ein Umdenken stattfinden", sagte Bayerns Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge. "Wir haben Hassbilder und Neid in unserer Gesellschaft und jetzt auch im Fußball. Jetzt muss durchgegriffen werden. So geht es nicht mehr weiter", sagte Fritz Keller, der Präsident des Deutschen Fußballbundes (DFB).

"Hass welcher Art auch immer darf keinen Platz haben, dies muss der Anspruch des gesamten deutschen Profifußballs sein", sagte Christian Seifert, Chef der Deutschen Fußball Liga (DFL). Es ist also so weit, der deutsche Fußball sagt dem Hass den Kampf an.

Der Tropfen, der das lange bodenlos scheinende Fass zum Überlaufen brachte: Wegen anhaltender Schmähungen gegen Hoffenheims Mäzen Dietmar Hopp standen am Wochenende mehrere Spiele knapp vor dem Abbruch, zuletzt am Sonntag das Match von Union Berlin gegen Wolfsburg.

Fast-Abbruch und Solidarität

Die größte Eskalation gab es beim 6:0 Bayern Münchens bei Hoffenheim. Nachdem Bayern-Fans Hopp mit Transparenten und Sprechchören wüst beleidigt hatten, griff die zweite Stufe des Drei-Stufen-Plans des DFB. Das Spiel wurde minutenlang unterbrochen. Die Teams solidarisierten sich demonstrativ mit Hopp und schoben nach Wiederanpfiff nur mehr den Ball hin und her. "Diese Leute werden dafür zur Rechenschaft gezogen werden", sagte Rummenigge. Hopp fühlte sich "an ganz dunkle Zeiten" erinnert.

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Münchner Stillosigkeit.
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Der "Club Nr. 12", eine Vereinigung aktiver Bayern-Fans, distanzierte sich von den Beleidigungen. Die Reaktionen seien aber "übertrieben und unglaubwürdig", hieß es: "Gerade in den letzten Wochen hätte es genug rassistische und sexistische Vorfälle in deutschen Fußballstadien gegeben, bei denen man ein Exempel hätte statuieren können."

Feindbild Hopp

Schon länger arbeiten sich Deutschlands Fankurven am Milliardär Hopp ab, der in der 35.000-Einwohner-Stadt Sinsheim mit viel Geld einen Bundesligisten hochzog. Dank einer Sondergenehmigung darf er die im deutschen Fußball zentrale 50+1-Regel umgehen. Diese soll verhindern, dass ein Geldgeber zu viel Macht über ein Profiteam hat.

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Gladbacher Stillosigkeit.
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Am Wochenende zuvor stand Hoffenheims Auswärtsspiel in Mönchengladbach vor dem Abbruch, nachdem Fans ein Transparent mit Hopps Konterfei im Fadenkreuz präsentiert hatten. Anlass dafür war eine Kollektivstrafe für Borussia Dortmund: Fans des BVB dürfen wegen eines identen Banners bis Sommer 2022 nicht mehr nach Sinsheim.

Stellvertreter Hopp

Hopp, Mitgründer des Softwarekonzerns SAP, ist für die Ultrakurven eine Projektionsfläche. Sie ignorieren im Kontext des 79-Jährigen alle Grenzen, weil er ihnen als Stellvertreter des modernen Kommerzfußballs dient – der natürlich bei den eigenen Klubs genauso Einzug gehalten hat. Im Gladbacher Stadion haben Verletzungsunterbrechungen einen Präsentationssponsor, Bayern fliegt auf Trainingslager nach Katar.

Aber Hopp gilt einigen Kleingruppen als das Böse, und nun könnte sich die Causa zu einem Machtkampf mit dem DFB auswachsen. Stufe drei des Notfallplans des Verbands ist ein Spielabbruch. Am Samstag gastiert Borussia Dortmund bei Mönchengladbach. (Martin Schauhuber, 1.3.2020)