Stuttgart/Berlin – Dietmar Hopps Anwalt Christoph Schickhardt hat nach den Hass-Plakaten gegen Hoffenheims Mäzen ein hartes Durchgreifen des Staates gefordert. "Es muss zu Hausdurchsuchungen kommen, da muss man auch mal ein paar abgreifen und auch mal einen Tag in der Zelle lassen. Das hat sich immer bewährt", betonte der 64-Jährige am Sonntagabend im SWR.

Zudem brachte Schickhardt in der SWR-Livesendung "Sport im Dritten" ein bundesweites Stadionverbot für die Übeltäter ins Gespräch. "Das Verbandsrecht kann ein Stadionverbot aussprechen, ein bundesweites Stadionverbot. Das ist ein sehr scharfes Schwert", sagte der Hopp-Anwalt.

Der Jurist hat in den vergangenen Jahren verschiedene deutsche Fußball-Bundesligisten bei Verhandlungen vor dem DFB-Sportgericht vertreten. Schickhardt sprach sich für Modelle wie das "Kick it out" in Großbritannien aus, wo zum Beispiel rassistische Vorfälle angezeigt werden können. "Das Muster aller Lösungen ist die Selbstreinigung. Die Fans müssen diese Leute ausschließen. Die Fans sind die Lösung", sagte der Anwalt.

Ein-Stufen-Plan bei Schalke

Fußball-Deutschland hält indes den Atem an. Bange Blicke richten sich auf die Pokalspiele unter der Woche und die Bundesliga-Partien am Wochenende. Der ausgerufene Kampf gegen Hass und Hetze in den Stadien steht bereits am Dienstag vor einer großen Bewährungsprobe. Sollte die von Schalke 04 gezogene "Rote Linie" im Viertelfinale des DFB-Pokals gegen Bayern München (20.45 Uhr/ARD und Sky) übertreten werden, wäre im deutschen Fußball nichts mehr so wie es bisher war.

Aufgrund der rigorosen Haltung der Schalker, die bei diffamierenden Plakaten und Sprechchören "ungeachtet der Spieldauer, des Resultats oder etwaiger Konsequenzen" ihre Mannschaft umgehend vom Platz holen wollen, scheint die Gefahr eines Spielabbruchs groß zu sein. Schließlich machen die Schalker mit ihrer Vorgabe aus der bisher geltenden Drei-Stufen-Regel (zweimalige Unterbrechung vor dem Abbruch) einen Ein-Stufen-Plan.

Um die Eskalation zu verhindern und so ein Zeichen zu setzen, wird hinter den Kulissen in Gelsenkirchen fieberhaft gearbeitet. Es gibt "Gespräche mit allen Fangruppierungen mit dem klaren Ziel und der Erwartung, dass sie solches Fehlverhalten nicht tolerieren, geschweige denn unterstützen", ließ der Klub wissen: "Die Werte unseres Vereins und des Leitbilds, das wir uns selbst gegeben haben, lassen keinerlei Spielraum für Toleranz angesichts von Hass, Intoleranz und Diffamierung."

Ob diese Gespräche erfolgreich sind, ist fraglich. Bisher haben sich die Ultras nach ihren Anfeindungen vom Wochenende gegen Mehrheitseigner Dietmar Hopp von der TSG Hoffenheim nicht von ihrem Weg abbringen lassen. Zu groß ist die Wut der Gruppierungen über die Rückkehr der Kollektivstrafe für Fans von Borussia Dortmund, die in den kommenden beiden Spielzeiten nicht mehr ins Sinsheimer Stadion dürfen. Projektleiter Michael Gabriel von der Koordinationsstelle der Fanprojekte (KOS) befürchtet bereits das Schlimmste.

"Spirale der Eskalation"

"Wenn jetzt die Latte für Spielabbrüche nach unten abgesenkt werden sollte, ist zu befürchten, dass dies dann von den Fanszenen als Aufforderung verstanden werden könnte, es mal darauf ankommen zu lassen", sagte Gabriel, der eine "Spirale der Eskalation" erkannt hat, der Frankfurter Rundschau: "Mein Wunsch wäre es, dass man jetzt innehält und beide Seiten nach Möglichkeiten suchen, miteinander ins Gespräch zu kommen."

Genau das lehnt Hopp aber ab. "Ich sehe keinen Sinn darin, mich mit Menschen auseinanderzusetzen, denen ich noch nie etwas getan habe, die mich seit Jahren grundlos massiv beleidigen und gar keinen Konsens wollen", sagte der 79-Jährige. Den Vorwurf aus den Reihen der Fans, wonach die Verantwortlichen der Klubs und der Verbände dem TSG-Macher "nur" deshalb zur Seite springen, weil er ein einflussreicher Milliardär sei, weist Hopp zurück: "Beleidigungen gegen jeden Menschen sind zu verurteilen, egal wo und in welcher Form."

In diesem Zusammenhang fordert auch Wolfsburg-Manager Jörg Schmadtke nun eine eindeutige Haltung der Klubs und der Verbände. "Es ist ja hoch interessant, dass auf der einen Seite sehr deutlich reagiert wird, was ich auch richtig finde, in anderen Fällen wird aber darüber hinweg geguckt. Da muss schon eine Eindeutigkeit her."

Hopp-Anwalt fordert Hausdurchsuchungen

Sollte der Konsens hergestellt werden, wonach zukünftig jede Art der Diffamierung nicht mehr toleriert wird, dürfte das weitreichende Konsequenzen haben. Der von Bayern-Vorstandsboss Karl-Heinz Rummenigge angedeutete Rauswurf der Ultras aus den Stadien hat bereits Unterstützer gefunden. "Die Verantwortlichen müssen einfach mehr Mut haben", sagte der langjährige Klub-Funktionär Heribert Bruchhagen bei Sport1: "Das betrifft mich selbst. Ich bin immer wieder in die Kommunikation gegangen, statt Leute rauszuwerfen."

Auch Max Eberl machte klar, dass man Hetzer "nicht mehr in den Stadien haben" will. Eine Folge könnten laut des Sportdirektors von Borussia Mönchengladbach personalisierte Tickets sein: "Das heißt aber wiederum: keine Stehplätze mehr. Das will man aber auch nicht." (sid, 2.3.2020)