Foto: APA/AFP/NATIONAL INSTITUTES OF HEALTH

Wer eine Covid-19-Erkrankung überstanden hat, sollte gegen Sars-CoV-2 immun sein. Seit Ende vergangener Woche kursieren jedoch Berichte, wonach sich genesene Patienten erneut mit dem Virus angesteckt haben sollen. So gaben etwa die japanischen Behörden den Fall einer Patientin mit Sars-CoV-2 bekannt, die nach überstandener Infektion erneut positiv auf den Erreger getestet wurde.

Bei der etwa 40-jährigen Frau verlief erstmals am 29. Jänner der Virusnachweis positiv. Sie hatte als Reiseleiterin eine Touristengruppe aus Wuhan, dem Ausgangspunkt der Epidemie in China, begleitet. Die Patientin wurde im Krankenhaus behandelt und schließlich als geheilt entlassen. Am 21. Februar ging sie wieder zum Arzt, da sie Hals- und Brustschmerzen hatte. Ein erneuter Test bestätigte zum zweiten Mal das neuartige Coronavirus.

Auch chinesische Mediziner des Krankenhauses in Wuhan veröffentlichten kürzlich im Fachjournal "Jama" einen Bericht über vier genesene Covid-19-Patienten, die erneut positiv getestet wurden. Sie hatten für länger als drei Tage kein Fieber, die Atemwegssymptome waren weitgehend verschwunden, und in den CT-Bildern der Lunge konnten deutliche Verbesserungen festgestellt werden. Auch das Diagnoseinstrument, der sogenannte PCR-Test, der mit mindestens einem Tag Abstand zwei Mal durchgeführt wurde, zeigte ein negatives Ergebnis. Fünf bis 13 Tage später fielen allerdings wieder mehrere PCR-Tests positiv aus. Die Autoren des "Jama"-Reports vermuteten deshalb, dass es möglicherweise in einzelnen Fällen zu einem zweiphasigen Verlauf von Covid-19 kommen kann.

Die gängigen Diagnosetests weisen vorhandenes Viruserbgut in den Proben nach. Solange also noch Reste des Virus vorhanden sind, bleibt der Test positiv, obwohl das Virus vielleicht schon nicht mehr infektiös ist.
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Virusgenom länger im Körper nachweisbar

Christian Drosten, Direktor des Instituts für Virologie der Charité Berlin, ist von der Interpretation der Daten nicht überzeugt und verweist darauf, dass der PCR-Nachweis nach der ersten Symptomwoche bei Patienten schwanken kann: "Mal ist er positiv, mal negativ, während die Lunge immer noch voller Viren ist, und zwar unabhängig von den Symptomen. Milde ausgedrückt, ist die ganze wissenschaftliche Grundlage dieses Papers porös", betont der Virologe.

Die Berichte über eine mögliche Neuinfektion genesener Patienten seien Experten zufolge primär auf das Diagnoseinstrument zurückzuführen. "Die derzeit verfügbaren Tests sagen nichts anderes aus, als dass die Erbsubstanz von Sars-CoV-2 noch lange nach der Genesung nachweisbar ist. Das heißt aber nicht, dass die Patienten noch infektiös sind oder einen Rückfall hatten", sagt Christoph Steininger, Virologe an der Med-Uni Wien.

Demnach detektiert der PCR-Test nicht das Virus selbst, sondern das Virusgenom. Das heißt, die virale RNA kann noch lange, nachdem das infektiöse Virus verschwunden ist, im Körper des Patienten nachgewiesen werden. Das ist etwa bei Masern- oder Ebolaviren oft über Monate nach einer überstandenen Infektion der Fall.

Nach den Viren kommen die Bakterien

Die Ergebnisse in den vorliegenden fünf Fällen der angeblich erneut an Covid-19 erkrankten Patienten könnten auch auf die fehlerhafte Anwendung des PCR-Test zurückzuführen sein – etwa darauf, wie die Probe entnommen wurde. "Einen guten kombinierten Abstrich aus dem Nasen- und Rachenraum zu nehmen ist unangenehm für den Patienten. Sollte das zuständige Personal beispielsweise zu zaghaft vorgehen, kann eine Probe auch einmal negativ getestet werden. Wird der Abstrich wieder korrekt durchgeführt, weist er beim nächsten Mal wieder das Virus nach", gibt Isabella Eckerle, Infektiologin am Uni-Klinikum Genf, zu bedenken.

Die erneut aufgetretenen Symptome wie Hals- und Brustschmerzen der japanischen Patientin sei Steininger zufolge höchstwahrscheinlich nicht auf Covid-19 zurückzuführen, sondern auf eine neue, aber andere Erkrankung. "Während oder nach einer Influenza kommt es immer wieder zu einer bakteriellen Sekundärinfektion. Bei Sars-CoV-2 könnte das ähnlich sein", beruhigt der Virologe. (Günther Brandstetter, 2.3.2020)