Beton-Stelen erinnern in Berlin an die Verbrechen der Nationalsozialisten an den Juden.

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München – Die letzte Schwester der Widerstandskämpfer Hans und Sophie Scholl ist tot: Elisabeth Hartnagel starb Medienberichten vom Wochenende zufolge am vergangenen Freitag, einen Tag nach ihrem 100. Geburtstag, wie Kathpress am Montag meldete. Die Weiße-Rose-Stiftung in München bestätigte dies, wie unter anderem der Bayerische Rundfunk am Sonntag berichtete. Hartnagel lebte demnach in Stuttgart.

Ihre Geschwister Hans (geboren 1918) und Sophie (geboren 1921) wurden 1943 als Mitglieder der Widerstandsgruppe Weiße Rose von den Nationalsozialisten hingerichtet.

"Ich war zu naiv"

Die Weiße-Rose-Stiftung hatte zum 100. Geburtstag Elisabeth Hartnagels eine Würdigung auf ihrer Facebook-Seite veröffentlicht. Darin hieß es, Hartnagel habe am Tag nach der Tötung ihrer Geschwister aus der Zeitung davon erfahren. "Ich habe mir damals einfach gewünscht, ich sei verrückt, ich würde mir das alles einbilden, es würde bestimmt nicht wahr sein", wurde Hartnagel zitiert.

Sie besuchte ihre Geschwister demzufolge erst zwei Wochen vor deren Verhaftung in München-Schwabing, wusste aber nichts vom aktiven Widerstand von Hans und Sophie. "Ich war zu naiv", erklärte sie einmal, "dabei hätte ich mir alles zusammenreimen können." Rückblickend sagte Hartnagel nun laut dem aktuellen Facebook-Beitrag, ihre Geschwister seien sich im Klaren über die möglichen Folgen ihres Handelns gewesen.

Zwei Monate in Haft

Kurz nach der Beisetzung der Geschwister wurde die gesamte Familie Scholl in "Schutzhaft" genommen, wie die Weiße-Rose-Stiftung weiter berichtete. Nur Bruder Werner blieb demnach verschont; er war an der sowjetischen Front eingesetzt. Elisabeth Hartnagel sei zwei Monate in Haft gewesen und darin schwer erkrankt.

Halt habe sie später vor allem bei Fritz Hartnagel (1917–2001) gefunden, dem einstigen Verlobten ihrer Schwester Sophie. "Durch das gemeinsame Schicksal und die Trauer über den Verlust wird aus der tiefen Freundschaft bald Liebe. Elisabeth und Fritz heiraten nach dem Krieg. Aus ihrer Ehe gehen vier Kinder hervor", so die Stiftung.

Die "Frankfurter Rundschau" berichtete 2005 über Elisabeth Hartnagel, diese habe sich zum Widerstand gegen das Hitler-Regime in der Öffentlichkeit lange zurückgehalten. "Doch seit ihre Schwester Inge Aicher-Scholl und inzwischen auch ihr Mann verstorben sind, fühlt sie als Zeitzeugin eine Verpflichtung zum Reden und Aufklären." Nun ist auch sie verstummt. (APA, 2.3.2020)