Viktor Orbán hat ein Auge auf die ungarischen Medien geworfen.

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Budapest – Migration, EU-Agenden, die (christliche) Kirche, und "Terrorismus in Europa", Wahlen aller Art und EU-Staaten: Wer als ungarischer Journalist in den staatlichen Medien darüber berichten will, muss womöglich mit Verzögerungen rechnen. All diese Berichte sind, wie "Politico" am Montag unter Berufung auf interne Papiere berichtet, nämlich genehmigungspflichtig. Texte über die Klimaaktivistin Greta Thunberg müssen demnach sogar vor ihrer Verschriftlichung erlaubt, Menschenrechtsgruppen wie Amnesty International oder Human Rights Watch dürfen gleich gar nicht erwähnt werden.

Wer genau es ist, der ihre Texte oder Themenvorschläge genehmigt, ablehnt oder ändert, das wissen die Journalisten laut dem "Politico"-Bericht nicht. Wohl aber ist die Angelegenheit in den Redaktionen immer wieder Thema; es hat sich sogar der Euphemismus entwickelt, die beanstandeten Geschichten seien "in der Schlacht gefallen".

Besonders betroffen ist laut den internen Papieren aus dem Jahr 2019, deren Echtheit "Politico" von Mitarbeitern bestätigt wurde, offenbar die ungarische Nachrichtenagentur MTI. Die Regeln gelten aber demnach auch für mehrere staatliche TV-Stationen und Radiosender.

Greta kam nicht vor

Wie aus dem Bericht hervorgeht, gibt es manchmal auch anlassbezogene Anweisungen. So sei vor dem Segeltrip Greta Thunbergs von Plymouth nach New York die Anweisung erlassen worden, dass alle Berichte, die im Vorhinein verfasst werden, zu erlauben sind. Resultat dieses Erlasses sei es gewesen, dass die MTI letztlich gar nicht über Thunbergs Reise berichtet habe.

Außerdem bestätigen die Berichte von "Politico" jene der ungarischen Zeitung "Népszava", wonach anlässlich von Demonstrationen von Menschenrechtsgruppen anlässlich des Besuchs des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan bei Premier Viktor Orbán im vergangenen November Berichte untersagt worden seien. Orbán und Erdoğan verbindet eine persönliche und politische Freundschaft.

Unübersichtliche Kontrollstruktur

Die Struktur der ungarischen Medien und die Kontrolle staatlicher Stellen – und Orbán-naher Geschäftsleute – über die Information hat in der Vergangenheit immer wieder für Kontroversen gesorgt. So hat auch Kabarettist Peter Klien das Thema kürzlich für seine Abendsendung "Gute Nacht Österreich" aufgegriffen. Mit dem zugehörigen Youtube-Video, das in ungarischer Sprache untertitelt war, sorgte er auch in Ungarn selbst für Aufmerksamkeit.

Gute Nacht Österreich

Formell zuständig sind die Rundfunkgesellschaft Duna Média und die Dachorganisation Holding MTVA, in deren Aufsicht die öffentlich-rechtlichen Medien MTV, Magyar Radio, Duna TV sowie die Nachrichtenagentur MTI stehen. Alle genannten Stellen beantworteten laut dem "Politico"-Bericht Anfragen zu den Einschränkungen bei der freien Berichterstattung nicht. (red, 2.3.2020)