Widerlich und an der Grenze zum Revisionismus waren die im Sommer 2015 in der "Aula" abgedruckten Zeilen: KZ-Überlebende seien "eine Landplage" gewesen und hätten "mordend und schändend" das "unter der 'Befreiung' leidende Land" heimgesucht. Schon allein die Tatsache, dass Befreiung unter Anführungszeichen gesetzt ist, zeigt, wes Geistes Kind der Autor ist. Dass mit der FPÖ eine wichtige Partei die "Aula" sponserte, ist beschämend.

Gerichtssaal in Graz.
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Dann kam die Staatsanwaltschaft Graz, die für Entsetzen sorgte. Sie stellte Ermittlungen wegen Verhetzung ein und gab an, dass "nachvollziehbar" sei, dass KZ-Befreite eine "Belästigung" für die Bevölkerung dargestellt hätten. Eine grauenhafte Wortwahl, frei von geschichtlichem Bewusstsein: Die "Belästigung" hatte zu Auschwitz, Treblinka, Majdanek geführt. Aber auch das Oberlandesgericht Graz sah keinen Grund, ein Verfahren zu führen.

Gut, dass der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) eine "Rechtsverletzung" durch Österreich festgestellt hat, weil die Justiz KZ-Überlebende nicht vor Diffamierung schützte. Aber: Das heimische Verschlechterungsverbot sieht vor, dass ein Beklagter in einem neuen Prozess keine höhere Strafe erhalten darf. Und da die "Aula" medienrechtlich keine Strafe erhielt, kann es gar keinen Prozess geben. Das Urteil kann nicht umgesetzt werden – es gibt keine Gerechtigkeit für KZ-Überlebende in Österreich. Das ist die dritte und endgültige Schande. (Fabian Schmid, 2.3.2020)