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Flächendesinfektionen und vorübergehende Schließungen von Fabriken und Büros – so reagierte nicht nur der US-Sportartikelhersteller Nike in den Niederlanden auf Corona-Infektionsverdachtsfälle.

Foto: Reuters / Yves Herman

Amsterdam/München/Wien – Das Coronavirus bleibt im Fokus – sowohl aus medizinischer als auch aus wirtschaftlicher Sicht. Unternehmen sind nicht nur mit Lieferausfällen konfrontiert, sondern zusehends auch mit dem Umgang mit erkrankten Mitarbeitern. Ein Beispiel: Die Europazentrale des Sportartikelherstellers Nike im niederländischen Hilversum mit 2.000 Mitarbeitern schloss am Montag die Pforten und wird auch am Dienstag dicht bleiben. Der Grund: Ein Mitarbeiter habe sich infiziert, so die niederländische Nachrichtenagentur ANP. Nun wurden die Büroräume des weltgrößten Sportartikelherstellers desinfiziert. Der Mitarbeiter muss zwei Wochen isoliert werden.

Vorsichtsmaßnahmen

Auch der TV-Sender ProSiebenSat.1 schickte am Unternehmenssitz in Unterföhring bei München vorsorglich 200 Mitarbeiter ins Home-Office, nachdem in Düsseldorf ein Mitarbeiter positiv auf das Coronavirus getestet worden war. Die Maßnahme sei rein vorsorglich, es bestehe kein begründeter Verdacht, hieß es am Montag. Etwa die Hälfte der 200 Mitarbeiter sei inzwischen negativ auf das Virus getestet worden. Auch die beiden US-Technologie-Konzerne Google und Twitter weisen Teile ihrer Belegschaft an, von zu Hause aus zu arbeiten. Bei dem Suchmaschinenbetreiber sind alle 8.000 Mitarbeiter in Dublin betroffen, nachdem ein Kollege grippeähnliche Symptome gemeldet hat. Der Kurznachrichtendienst schreibt wiederum Heimarbeit für alle Mitarbeiter in Hongkong, Japan und Südkorea vor. Zudem werde das Home-Office für alle Beschäftigten weltweit empfohlen, wenn dies irgendwie möglich sei.

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Home-Office statt Büro – der TV-Sender ProSiebenSat.1 reagierte rigoros nach einem Verdachtsfall in Deutschland.
Foto: Reuters / Michaela Rehle

In Österreich sind derart weitreichende Fälle nicht bekannt, doch zahlreiche Unternehmen bereiten sich auf den Fall der Fälle vor. Neben eigenständigen Maßnahmen zur Vermeidung einer Ausarbeitung kann eine Sperre auch behördlich angeordnet werden. Das legt in Österreich ein Erlass des Gesundheitsministeriums auf Basis des Epidemiegesetzes von Ende vergangener Woche fest. Wie berichtet kann die teilweise oder gänzliche Schließung von Betriebsstätten angeordnet werden, wenn es einen bestätigten Corona-Fall gibt.

Das kann übrigens nicht nur zu schweren Turbulenzen in den betroffenen Unternehmen führen, sondern auch die öffentliche Hand massiv belasten, weil sie dem Betrieb diverse Ausfälle ersetzen muss. Das gilt dezidiert für das Entgelt der Mitarbeiter, aber auch für das entgangene Einkommen von Selbstständigen und Unternehmen. Die Ausfälle sind binnen sechs Wochen bei der Bezirksverwaltungsbehörde zu melden.

Nach Reise ausgesperrt

In Österreich gibt es wie gesagt derzeit keine Betriebsschließungen, doch Vorsichtsmaßnahmen en masse. Bei Siemens beispielsweise berichtet ein Mitarbeiter, er sei verständigt worden, dass er nicht ins Betriebsgelände kommen dürfe. Der Grund: Er befand sich innerhalb der letzten 14 Tage in einer Krisenregion. Der Fall hat sich im oststeirischen Weiz zugetragen, die Zutrittskarte war Montagfrüh bereits deaktiviert. Eine Siemens-Sprecherin meint dazu: "Einige wenige Mitarbeiter wurden gebeten, sicherheitshalber die nächsten Tage von zu Hause aus zu arbeiten." Anlass seien die steirischen Semesterferien gewesen, in denen sich einige Beschäftigte in Norditalien zum Skifahren aufgehalten hätten. Generell rät Siemens allen Rückkehrern aus Risikogebieten (als solches gilt neben Italien offenbar auch Deutschland), sich bei ihren Vorgesetzten zu melden und über Home-Office-Tätigkeit zu entscheiden.

Telefon statt Dienstmeeting

Die meisten Konzerne haben die Mitarbeiter bereits angewiesen, Dienstreisen auf das Notwendigste zu beschränken und Meetings durch Telefonkonferenzen zu ersetzen. Die Erste Group rät ihren Beschäftigten zudem, auf Umarmungen und Handshakes zu verzichten. Auch hält die Bank ihre Leute dazu an, Laptops mit nach Hause zu nehmen, um auf Home-Office umsteigen zu können.

Allerdings ist das nicht immer so einfach möglich. Neben den technischen Voraussetzungen gilt es, die arbeitsrechtliche Lage im Blick zu haben. Home-Office kann nicht einfach verordnet werden, sondern bedarf einer Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmern. Ausnahme: Ist die Möglichkeit einer einseitigen Versetzung im Arbeitsvertrag enthalten, bedürfe es für Tätigkeiten von zu Hause aus keiner Extravereinbarung, heißt es aus der Wirtschaftskammer.

Zu Hause im Einvernehmen

Dienstnehmer ohne einseitige Versetzungsklausel im Dienstvertrag müssten im Fall von verordnetem Home-Office nicht automatisch zu Hause arbeiten, sagen Arbeitsrechtler der Gewerkschaft.

Beim Anlagenbauer Andritz wurden knapp 30 Mitarbeiter in der Gruppe zu Heimarbeit angehalten, zehn davon aus Österreich. Dabei handelt es sich nach Unternehmensangaben um Personen, die zuvor in einer der vom Ausbruch des Coronavirus betroffenen Regionen oder zumindest nahe dran waren. Einige seien nach 14 Tagen Home-Office bereits wieder zurück am Arbeitsplatz.

Falls Sie nicht ins Home-Office geschickt werden: DER STANDARD hat ein paar Hygiene-Tipps für den Arbeitsplatz für Sie.
DER STANDARD /musik Silly Intro by Alexander Nakarada

Nur unvermeidliche Dienstreisen

OMV beschränkte sich bis dato auf Wohlverhaltensregeln in puncto Hygiene und Reisebeschränkungen für Südostasien und Oberitalien. Dorthin dürfen nur mehr unbedingt notwendige Reisen gemacht werden – und das nur nach Freigabe durch die hausinterne Gesundheitsabteilung. Ähnlich hält es auch der Faserhersteller Lenzing, dessen Werke in China zehn Tage lang auf Sparflamme gelaufen sind, inzwischen aber wieder voll produzieren.

Mit Flächendesinfektion in den Zügen sucht die Westbahn Coronafälle hintanzuhalten. Zeigten Fahrgäste die typischen Infektionsanzeichen, melde man dies dem Krisenbeauftragten der Westbahn, der wiederum die Sanitätsbehörden kontaktiert. Letztere entscheiden, wie weiter zu verfahren sei, sagt auch die ÖBB. Verdachtsfälle versuche man abzuschotten. (as, stro, bpf, ung, reuters, 3.3.2020)