Wenigstens in einer Sache sind sich die Streitparteien einig: Sowohl der tschechische Premier Andrej Babiš als auch die EU-Abgeordneten, die vorige Woche in Prag Mechanismen zur Bekämpfung von Interessenkonflikten beim Verteilen von EU-Geldern durchleuchtet haben, sprechen von einer "politischen Mission".

Der tschechische Premier Andrej Babiš.
Foto: EPA/IAN LANGSDON

Beide Seiten meinen damit aber etwas völlig anderes. Die Delegation des Haushaltsausschusses sieht es als ihre politische Aufgabe an, Fragen zu stellen, Antworten zu verlangen und das Geld der europäischen Steuerzahler zu schützen – wohlgemerkt auch das der tschechischen. Für Babiš hingegen, seit sechs Jahren selbst in hohen Staatsämtern, ist alles Politische irgendwie schmutzig. Wenn er von einer politischen Mission aus Brüssel spricht, dann ist das kritisch gemeint. So als wäre diese Bezeichnung schon Grund genug, um den Wächtern über das gemeinsame EU-Geld sinistre Absichten zu unterstellen.

Das lässt tief in die Gedankenwelt des tschechischen Premiers blicken – und in sein Verständnis von der Europäischen Union. Weil ihm selbst vorgeworfen wird, im Umgang mit EU-Fonds nicht sauber zu spielen, beschimpft er tschechische Delegationsmitglieder als Vaterlandsverräter. Tschechien ist aber nicht Kriegsgegner der EU, sondern deren Mitglied. Ein Tscheche aus der Delegation hat nun sogar Morddrohungen erhalten. Spätestens das sollte Babiš an seine staatsmännische Verantwortung erinnern. (Gerald Schubert, 2.3.2020)