Weil sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht einigen konnten, kündigten die Gewerkschaften weitere Streikmaßnahmen an.

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GPA-djp-Verhandlerin Eva Scherz und Arbeitgeber-Verhandler Walter Marschitz vor Beginn der gescheiterten siebten Verhandlungsrunde. So lange verhandelte die Sozialwirtschaft noch nie.

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Wien – Gereizt: So beschrieb Chefverhandlerin der Gewerkschaft der Privatangestellten (GPA), Eva Scherz, die Stimmung bei den Kollektivvertragsverhandlungen in der Sozialwirtschaft: "Es fällt uns schwer, freundlich zu bleiben, aber wir bemühen uns."

Dabei hatte es in der siebten Verhandlungsrunde am Montagabend noch gut ausgesehen: Die Arbeitgeber boten zum ersten Mal eine Arbeitszeitverkürzung an, was von den Gewerkschaften GPA und Vida mit Wohlwollen aufgenommen wurde.

Wieder keine Einigung

Konkret hatte die österreichische Sozialwirtschaft (SWÖ) rund um Chefverhandler Walter Marschitz den Arbeitnehmern ein 16-seitiges Papier vorgelegt. Auch von einer Arbeitszeitverkürzung war darin die Rede: Die sollte in zwei Jahren kommen (allerdings nur auf 37 Stunden), dazwischen sei eine Inflationsanpassung inklusive einer kleinen Lohnerhöhung geplant.

Die bereits siebte Verhandlungsrunde von Beschäftigen in der Sozialwirtschaft wurde in der Nacht auf Dienstag ergebnislos abgebrochen.
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Was den Gewerkschaften sauer aufstieß: Als Ausgleich verlangten die Arbeitgeber Zeitschulden und eine Reduktion der Mehrarbeitszuschläge von 50 auf 33 Prozent. Ein Unding für Vida-Verhandlerin Michaela Guglberger, die nach den Verhandlungen, die bis in die Nacht dauern sollten, meinte: "Es ist am Arbeitgeber-Angebot gescheitert." Zumal die Forderung der Gewerkschaft ja auf eine Verkürzung der Arbeitszeit auf 35 Stunden hinausläuft.

Annäherung, wenn auch eine kleine

Viel mehr als Augenringe sind den Verhandlern von der langen Nacht also nicht geblieben. Immerhin, eine kleine Annäherung gab es, denn: Zum ersten Mal im bereits wochenlang andauernden Verhandlungsmarathon sprachen die Arbeitgeber über Arbeitszeitverkürzungen. Ein Terrain, dass die SWÖ mit Verweis auf den Fachkräftemangel in der Branche bisher eigentlich gemieden hatte.

Wie schwer es den Arbeitgebern fiel, wird auch durch Marschitz Aussagen unterstrichen: Es wäre ein "hartes Stück Arbeit gewesen", so der SWÖ-Mann: "Wir haben schon viel Raum für Kompromisse ins Spiel gebracht." Auf der Gegenseite kritisierte man den Preis, den die Arbeitgeber für die 37-Stunden-Woche verlangen: "Das Angebot reicht nicht", beanstandete Eva Scherz – bei so vielen Gegenforderungen müssten sich die Arbeitnehmer die Vorteile selbst wieder finanzieren.

Streiks und Demonstration werden ausgeweitet

Aufgrund der abermals gescheiterten Verhandlungen werden Gewerkschaftsmaßnahmen jetzt ausgeweitet, das versprach GPA-Vorsitzende Barbara Teiber im Ö1-"Morgenjournal". Bisher waren die Streiks in der Sozialwirtschaft eher symbolischer Natur gewesen: Wäsche wurde nicht gewaschen, Horte schlossen früher zu. Jetzt solle es so weit gehen, dass Institutionen ganztägig schließen und nur Notdienste eingerichtet werden, "wo die Würde und Gesundheit der Menschen betroffen ist", so die Vorsitzende.

Die Streiks finden am 24. und 25. März statt, vorher (am 10. März) soll es eine Demonstration geben. Wie weit die Arbeitnehmervertretung für die 35-Stunden-Woche gehen würde? "Wir schauen auf die Gesundheit und Würde der Kunden. Aber die Arbeitnehmer haben ein Recht auf gewerkschaftliche Kampfmaßnahmen", wog Teiber ab.

Teiber warnt vor Mangel an Pflegekräften

Die nächste Verhandlungsrunde ist nun für Ende März geplant. Nur mit Lohnerhöhungen werde man sich nicht zufriedengeben, wie Teiber noch einmal bekräftigte: "Arbeitszeitverkürzungen sind uns ganz ganz wichtig, Geld ist nicht alles." Sie warnte auch vor einem Pflegekräftemangel: "Wenn wir heute nicht die Arbeitsbedingungen verbessern, dann haben wir in zehn Jahren einen Personalmangel, der nicht mehr zu bewältigen ist. Es braucht mehr Geld, es braucht mehr Lebensqualität!"

Aus der SWÖ kam in Hinblick auf die nächste Verhandlungsrunde unterdessen die Forderung nach mehr Kompromissbereitschaft seitens der Arbeitnehmer. Marschitz: "Beide Seiten müssen aufeinander zugehen". Er verwies abermals auf den Fachkräftemangel in der Branche: "Gehen wir zu radikal vor, gefährdet das das System. Wir müssen uns unserer Verantwortung bewusst sein." (APA, tk, 3.3.2020)