An die tausend Asylberechtigte und jede Menge Polit-Promis tummelten sich bei der Jobbörse in Wien.

Foto: APA / Hans Punz

Wien – Bei Ikea war der Andrang am größten. Dutzende jobsuchende Asylberechtigte drängten sich um den Stand des Möbelriesen auf der Jobmesse in der Gösser-Halle in Wien-Favoriten. Die Möbelhandelskette bietet Ausbildungsplätze in Betriebslogistik, Einzelhandel und Einrichtungsberatung sowie in der Systemgastronomie, also in den Restaurants und Bistros der Möbelkette. Auch der Informationsstand des Handelskonzerns Rewe (Billa, Merkur, Bipa, Penny) gehörte zu den gut besuchten, während sich der Andrang bei Hoteliers aus Salzburg und Tirol in sehr engen Grenzen hielt.

"Saisonarbeit ist den meisten Jobsuchenden fremd", sagt AMS-Chef Johannes Kopf. "Da haben wir sicher noch Aufklärungsbedarf." Viele Geflüchtete glaubten, sie müssten ihre Wohnung in Wien aufgeben oder die Kinder aus dem Kindergarten nehmen, wenn sie in die Bundesländer "auf Saison" gingen. Das sei aber nicht der Fall, nach drei, vier Monaten kämen sie ja wieder zurück.

Ikea will Geflüchtete

Das Engagement von Ikea ist für den AMS-Vorstand besonders erfreulich. Es gehe bei der schwedischen Möbelkette von ganz oben aus. Der Konzern habe den Schwerpunkt ausgegeben, dass geflüchtete Menschen angestellt werden, schildert der AMS-Chef, der sich bei der Integration in den Arbeitsmarkt an Vorbildern wie Schweden orientiert.

Information ist die halbe Miete bei der Jobsuche von Asylberechtigten, Lernmaterial ist ebenfalls unverzichtbar.
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"Wenn sie hören, dass sie in die Steiermark kommen sollen, sind die meisten weg", sagen zwei Mitarbeiterinnen, die Arbeitssuchende für den Tankstellenbetreiber Eni zu begeistern suchen, hörbar enttäuscht. Dabei hätten sie in Gastronomie, Service und Kassa geregelte Arbeitszeiten und man biete neben Kost auch Logis. "Jobs in Büros oder in der Produktion sind halt beliebter." Gähnende Leere auch bei den meisten Hotelbetreibern aus Zillertal und der Großglockner-Region.

Wer über höhere Qualifikationen verfügt, ist für die rund 50 Arbeitgeber, die bei der Jobbörse mitmachen, relativ leicht erkennbar: Zutrittskarten mit weißen Bändern signalisierten Pflichtschulabschluss oder -niveau, grüne stehen für Berufausbildung oder Sekundarabschluss während die Jungen, die für Lehr- und Ausbildungsplätze infrage kommen, violette Bänder tragen. Da Bewerbungen zunehmend nur mehr online erfolgen, hat Veranstalter AMS heuer einen eigenen Stand mit A1 eingerichtet, an dem Hilfe bei Online-Bewerbungen angeboten wird.

Zeitarbeit und Handel

Die besten Einstiegschancen ins Erwerbsleben bieten laut Kopf Zeitarbeitsfirmen und der Handel, während in der Industrie deutlich mehr Fachwissen gebraucht werde. Der Handel suche ständig Mitarbeiter und sei auch bereit, mehr in Ausbildung zu investieren. Allerdings brauche es auch da Aufklärungsarbeit bei den Asylberechtigten. In vielen arabischen Ländern sei der Einzelhandel männlich dominiert, während Verkäuferin oder Kassiererin hierzulande fest in Frauenhand sind.

"Wir sind noch nicht am Ziel, aber wir lernen ständig dazu", sagte der AMS-Chef mit Verweis auf die Bundesländer Oberösterreich, Salzburg, Tirol und Vorarlberg, die sich heuer erstmals auch als Regionen präsentierten, um Stellensuchende auf sich aufmerksam zu machen. Kopf zog am Dienstag – ein Jahr nach Abhaltung der ersten Jobbörse für Asyl- oder subsidiär Schutzberechtigte – Bilanz: Die Zahl der beim Arbeitsmarktservice (AMS) vorgemerkten Asylberechtigten sei aktuell mit knapp 32.000 um fünf Prozent niedriger als im Vorjahr – obwohl pro Monat 500 bis 600 neue Anwärter mit Aufenthaltstitel dazukommen. Die meisten davon, zwei Drittel, lebten in Wien.

Von den knapp 10.000 Personen, die 2015 Asyl oder subsidiären Schutz bekamen und sich beim AMS als arbeitssuchend registrierten, arbeiteten Ende Jänner 2020 bereits 45,5 Prozent, pries Kopf die Erfolge des AMS. Von der Folgegruppe (Asyl 2016 , 11.587 Teilnehmer/innen) haben mittlerweile 42,1 Prozent einen Job, von den 8.800, die 2018 gekommen sind, sind es laut Kopf bereits 40,6 Prozent. "Arbeitsmarktintegration ist das A und O", sagt Integrationsministerin Susanne Raab (ÖVP) bei der Eröffnung der Jobmesse, man wolle fördern und fordern. Von den tausend Besuchern im Vorjahr hätten nach einem halben Jahr knapp die Hälfte einen Arbeitsplatz gefunden. Wirtschaftskammerpräsident Harald Mahrer will die in Österreich bestehende Qualifizierungslücke mit Chancen füllen und so die Selbsterhaltungsfähigkeit der Asylberechtigten erhöhen. "Vom Leistungsempfänger zum Leistungsträger", formulierte Arbeits- und Familienministerin Christine Aschbacher das Motto.

Suche nach Nachweisen

Im Gegensatz zu syrischen Behörden, die fehlende Zeugnisse nicht ausstellten, ließen sich Nachweise bei den Universitäten oft direkt abrufen, schildert Kopf die Mühen der Ebene. Das erleichtere zumindest die Nostrifizierung dieser Abschlüsse in Österreich.

Wiewohl schlechter qualifiziert als viele zugewanderte Syrer, funktioniere inzwischen auch die Integration und Qualifikation der aus Afghanistan Geflüchteten deutlich besser. Allerdings, schränkte Kopf ein: Aufgrund teils sehr langer Asylverfahren gibt es in Wien einen höheren Grad an Verfestigung. Von der Bundeshauptstadt in den Westen Österreichs auf Jobsuche zu gehen, dass sei noch immer die Ausnahme. "Saisonarbeit ist nicht trivial, da müssen wir viel erklären", sagt Kopf. In Salzburg, Tirol und Vorarlberg sind 15.458 Stellen als frei gemeldet. (ung, 3.3.2020)