Stilikone für Wiener Hipster: Voodoo Jürgens.

Foto: Ingo Pertramer

Im Nachtleben tauchen in jüngster Zeit immer mehr Menschen auf, die zwar aussehen wie Voodoo Jürgens. Sie sind aber nicht Voodoo Jürgens. Der beliebte singende Wiener Kunstschlurf aus der Vorstadt unserer Herzen sorgt für erhebliche Engpässe in hippen Dritte-Hand-Modegeschäften wie Humana.

Wo einst geile Polyesterhemden mit zu großem Spitzkragen in den Mustern von braun-orangen Wandtapetenmustern aus einer Zeit an der Stange hingen, in der Rex Gildo, Bata Illic oder Tony Marschall als Stargäste von Festen der freiwilligen Feuerwehr vor Lebensfreude dampften und das Kuchlradio regierten, herrscht heute eines: Tristesse. Weite Teile dieser kunterbunten Welt abgelegter Lebensentwürfe wurden längst von Diskonter-Trachtenmode und der Marke "Camp David trifft auf ein Indianerreservat" verdrängt. Für Schlaghosen muss man ohnehin zum Maßschneider gehen.

Nur bei den Frisuren wird gespart. Einen Vokuhila bekommt man auch daheim ohne Haarkreationist mit der Nagelschere hin. Für das Fett und die Strähnen auf dem Kopf reichen zwei Mal Durchmachen beim Trendsport-Branntweiner. Apropos: Brandflecken und speckige Samtanzüge haben ebenfalls wieder Saison.

Zarter Nasenflaum

Nur der dazugehörige burgenländische Exekutivbeamtenschnauzer, der bei der Polizei längst verschwunden ist, weil der junge Kieberer heutzutage aussieht, als ob er gern ein Muckibuden-Held im Wiener Feuerwehrkalender werden würde, lässt sich nicht so einfach nachstellen. Da kommt es stark auf die Gene an. Der zarte Nasenflaum am modischen Jungmann muss es hier auch tun.

Der Schnurrbart kam übrigens während des Ersten Weltkriegs verstärkt auf. Er löste im Militär den vorherrschenden Vollbart ab. Ein Schnurrbart passte besser unter die Gasmaske. Diese schloss deshalb luftdicht ab. Andere Quellen berichten davon, dass im alten Japan die Krieger Oberlippenbehaarung trugen, um so, rein für die Statistik, die abgeschlagenen Köpfe der Männer besser von jenen der Frauen unterscheiden zu können.

Mode ist und bleibt ein spannendes Feld. Geben wir aber nicht Voodoo Jürgens die Schuld, sondern all jenen verirrten Seelen, die ihn nachmachen. Von den Essensresten im Bart lieber ein anderes Mal. (Christian Schachinger, 4.3.2020)