Die gute Nachricht vorweg: Die österreichischen Banken haben ihre Lehren aus der internationalen Finanzkrise gezogen. Die Institute halten mehr Eigenkapital, könnten also im Notfall einen plötzlichen Einbruch in der Wirtschaft besser verkraften. Strengere Regeln der staatlichen Aufsicht haben ebenfalls dazu beigetragen, dass mögliche Gefahren, die vom Bankensektor ausgehen, heute geringer sind also vor zehn oder 15 Jahren.

So dürfen Kreditinstitute an Haushalte im Wesentlichen keine Fremdwährungskredite mehr vergeben. Die hochriskanten Franken- und Yen-Kredite, die noch in den Büchern der heimischen Institute stehen, werden weniger.

Doch parallel dazu entstehen auch neue Risiken. Der Internationale Währungsfonds (IWF) warnt in einem aktuellen Länderbericht zu Österreich vor einem überhitzten Häusermarkt und möglichen problematischen Folgen für den Bankensektor. Etwas technisch heißt es dazu im Bericht der Experten: "Einige Risiken haben sich im Immobilienbereich aufgebaut … Weil der Finanzsektor dem zunehmend ausgesetzt ist, kann das auf ein potenzielles systemisches Risiko hinweisen."

Auch Versicherungen investieren kräftig in Immobilien

Was bereitet dem Währungsfonds sorgen? Die Häuserpreise sind laut IWF österreichweit aktuell um zehn bis 15 Prozent zu hoch, 20 Prozent sollen es in Wien sein. Zu hoch ist natürlich ein relativer Begriff, die Preise sind nun einmal so, wie sie sind. Gemeint ist aber, dass laut Währungsfonds bei Berücksichtigung von Angebot und Nachfrage am Häusermarkt die Preise deutlich niedriger sein müssten.

Die nicht rational erklärbare Differenz deutet auf eine mögliche Blase hin. Ein weiterer Hinweis ist die starke Zunahme an Transaktionen im Immobilienbereich, allein im Jahr 2018 wurden um 13,8 Prozent mehr Häuser und Wohnungen gekauft und verkauft als im Jahr davor.

Ein großer Teil der Bankkredite geht aktuell an Baufirmen und Immobilienentwickler. Auch das erhöht das Risiko, sollten die Immobilienpreise einmal zurückgehen.
Foto: Robert Newald

Parallel dazu ist der Anteil der Kredite an Häuslbauer in den Bilanzen der Banken gestiegen: Im Jahr 2008 lag dieser Anteil noch bei acht Prozent, inzwischen sind es 16. Zudem werde ein "signifikanter" Anteil der Kredite an Haushalte vergeben, die einen hohen Anteil ihrer Einkommen für die Rückzahlung von Krediten ausgeben.

Hinzu kommen aber weitere Anzeichen für Risiken im Finanzsystem: Versicherungen investieren acht Prozent ihrer Vermögenswerte in Immobilien, das sei laut Währungsfonds der höchste Wert in der EU. Im ersten Halbjahr 2019 ging die Hälfte der neuen Kredite an Unternehmen an Baufirmen und Immobilienentwickler.

Sprich: Wenn es zu seiner starken Korrektur der Preise kommt, wären davon Banken und Versicherungen auf mehreren Ebenen durch niedrigere Einnahmen betroffen.

Risiken ernst nehmen, kein akuter Notfall

Ein Grund zur Panik besteht aber keineswegs, der Währungsfonds plädiert eher dafür, diese Risiken in den kommenden Monaten genauestens zu beobachten und notfalls mit Beschränkungen bei der Neukreditvergabe zu reagieren.

Das ging auch aus den Aussagen der IWF-Experten hervor, die am Dienstag den Länderbericht in Wien vorstellten, darunter Jeffrey Franks, der als Direktor des Währungsfonds für Europa fungiert.

Denn einige Faktoren entschärfen die Situation: Neben der erwähnten soliden Kapitalisierung der Banken ist die Verschuldung der heimischen Haushalte niedriger als im Schnitt anderer EU-Länder. Der Schuldenberg ist also insgesamt nicht so hoch.

Und: Der Anteil neuer variabel verzinster Kredite an allen Darlehen hat sich in den vergangenen vier Jahren fast halbiert – auf 44 Prozent. Variabel verzinste Kredite sind für Schuldner aktuell günstiger, wegen der niedrigen Zinsen. Für den aktuell unwahrscheinlichen Fall einer Zinserhöhung würden sich aber die Rückzahlungsraten der Menschen erhöhen.

Schließlich ist hilfreich, dass ein großer Teil der Menschen in Österreich, insbesondere in Wien, die eigene Wohnung nicht gekauft hat, sondern nur mietet. Ein Preisverfall würde diese Menschen gar nicht tangieren.

Helfen könnte übrigens auch die starke Verflechtung der heimischen Banken mit Osteuropa: Das war die Cashcow der heimischen Institute in den vergangenen Jahren. Österreichs Banken erwirtschaften insgesamt etwas mehr als 40 Prozent ihrer Gewinne in Osteuropa. In diese Rechnung fließen auch Profite der Institute ein, die im Ausland gar nicht tätig sind. Die Kreditinstitute haben also mehr als ein Standbein. (András Szigetvari, 3.3.2020)